Der Kolporteur

Frank Flaam wünscht sich einen Kaiser für Deutschland. Er ist Chef eines Versandes, der Bücher über "Das Zeitalter der Ottonen", die "Erbkrankheiten in europäischen Fürstenhäusern" oder zur "Geschichte des II. Bataillons im 5. Preußischen Infantrie-Regiment" vertreibt. Wer sich das Porto sparen möchte, der sucht ihn in seinem Berliner Antiquariat auf. Frank Flaam handelt aber nicht nur mit royalistischen Büchern, er verschickt auch vornehme Einladungen. Im Auftrag der "Monarchiefreunde", einer kleinen royalistischen Gruppe, die zwar nicht im Verfassungsschutzbericht, dafür aber des öfteren in der lokalen Boulevardpresse auftaucht.

In einem Schreiben der "Monarchiefreunde", auf dessen Deckblatt das Konterfei von Kaiser Wilhelm I. abgedruckt ist, heißt es: "Den 200. Geburtstag dieses hervorragenden deutschen Staatsoberhauptes möchten wir zum Anlaß nehmen, Sie zu einem feierlichen Gedenken einzuladen. Wir treffen uns am Sarkophag des Kaisers im Mausoleum des Charlottenburger Schlosses zu Berlin." Die Freunde der Monarchie sind alt und gebrechlich. Ein Schloßbesuch ist ein anstrengende Sache, und doch reisen, um den Kaiser Wilhelm zu ehren, alljährlich rund 50 aufrechte Monarchisten aus dem ganzen Bundesgebiet nach Berlin.

Die Monarchisten singen auf ihren Veranstaltungen, auch wenn die Stimmbänder ein wenig ausgeleiert sind. Und zwar die "Die Kaiserhymne": "Heil dir im Siegerkranz, / Herrscher des Vaterlands, / Heil, Kaiser, dir! / Fühl' in des Thrones Glanz die hohe Wonne ganz, Liebling des Volks zu sein! / Heil, Kaiser, dir!" Auf der Feierstunde im Charlottenburger Mausoleum geht es etwas ruhiger zu. Professor Wolfgang Stribrny von der "Preußischen Tafelrunde in Flensburg", der als Autorität in Sachen monarchistische Geschichte gilt, hält eine kurze Ansprache über die Heldentaten von Kaiser Wilhelm I., der bei Royalisten beliebte Pfarrer Buske predigt über die göttliche Notwendigkeit der Monarchie, es werden ein paar Grußbotschaften verlesen, und dann ist die Gedenkveranstaltung beendet.

Hauptattraktion für die Presse ist das "kaiserliche Husarenregiment" aus Remagen, einem kleinen Ort bei Bonn. Sie haben allesamt schicke Uniformen an. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum bei der Husarentruppe auch jüngere Leute mitmachen. Das sei das Originaldreß der wilhelminischen Leibstandarte und mit Karneval habe das nichts zu tun, sagt Ulrike Schulz, eine junge Husarin im rheinischen Dialekt: "Mir maache nur historische Saaache."