Major Amok

Diese Demos werden auch immer unorganisierter und chaotischer. Ach, was würde ich mir eine antimilitaristischen Demo wünschen, bei der Leute das Sagen haben, die kampferfahren sind, die strategisch denken können, die wissen, wie man mit dem Feind umgehen muß, die sich im Gelände und in der Stadtkulisse orientieren können. Profis sind erwünscht. Ein Major zum Beispiel. Berufserfahrung wäre wichtig, und am besten nicht nur militärische. Denn bei so einer Demo, da müßte man ja auch mit der Staatsmacht verhandeln, und bestimmt ist da alles voll mit Zivilpolizisten und Beobachtern des Verfassungsschutzes. Es müßte also schon jemand sein, der nicht nur sicher eine Knarre oder einen Knüppel bedienen kann, sondern jemand, der sich auch mit staatlichen Repressionsorganen und Geheimdiensten auskennt. Jemand vom BKA zum Beispiel, oder vom MfS. Er dürfte selbstverständlich kein gebrochenes Verhältnis zu seinem eigenen Militarismus haben, sonst ginge er womöglich stiften, wenn's brenzlig wird. Es müßte ein resoluter und ordnungsliebender Mensch sein, ein penibler Buchhaltertyp, der schon mal sagt, "bei uns in der Armee hätte es das nicht gegeben", wenn jemand seine Spesenabrechnung unvollständig vorlegt. Gehorsam und Disziplin würde ich erwarten.

Der könnte dann, das fänd' ich prima, damit der Demo, in der ja lauter Pazifisten mitgehen, auch ja nix passiert, ein bißchen mit der Polizei kooperieren. Das sind ja auch irgendwo Soldaten, Kollegen also. Wenn zum Beispiel kein eigener Lautsprecherwagen genehmigt wurde, könnte der Herr Major ja vielleicht in einem Polizeifahrzeug vornewegfahren und seine Anweisungen, wie "Aufstellen!" über den Polizeilautsprecher an die Demonstranten bekanntgeben.

Also, wenn der Offizier dann vorher sein Wissen auch noch gut weitergegeben hätte, an junge Kämpfer, dann wüßte man, daß nichts passieren kann, der Demo mein ich. Wenn rund um den Aufzug ausgebildete Sicherheitsexperten liefen, würde ich mich sicher fühlen. Wär' super, ne? Kriegen wir Linken ja sonst nie auf die Reihe. Gut wäre es natürlich, wenn es nicht gerade jemand vom BKA wäre, wegen der politischen Zuverlässigkeit. Dagegen könnte ich mir jemanden vom MfS richtig gut vorstellen. Es müßte natürlich schon ein geprüfter Leninist sein. Dazu braucht er nicht das "Kapital" zu kennen, ein eindeutiges Bekenntnis würde mir reichen. Ein Bekenntnis natürlich nicht nur zum MfS, sondern auch zur NVA, denn deren Paraden waren ja nicht militaristisch, sondern sollten nur dem Klassenfeind zeigen, daß man selbst nicht aus Pappe ist.

Was, du meinst, das alles würde einer antimilitärischen Demo widersprechen? Das würde einem Demo-Motto, das vielleicht "Umzug der Gespenster des Militarismus" lauten könnte, zu sehr recht geben? Also, ich denke nicht. Krieg dem Krieg, das haben wir doch schon früher immer gesagt. Wir brauchen eine Armee. Nur Soldaten können das Soldatentum besiegen. Die würden sicher auch nur die herrschende Klasse bekämpfen und natürlich die, die mit antiautoritären Hirngespinsten die sozialistische Linke verwirren. Diese Emanzen, mein ich, und diese autonomen WG-Bewohner und Anarchisten, die nichts als Kiffen und Basisdemokratie im Schädel haben. Mit denen ist eh keine Revolution zu machen. Da muß man immer bereit sein!

Aber leider, leider gibt es so etwas ja nicht hierzulande. Da müßte man glatt Amok laufen.