Ferrari zum Klo

Michael Schumacher wurde in Jerez nicht Formel 1-Weltmeister und war selber schuld

Nach der Qualifikation zum entscheidenden Formel 1-Lauf in Jerez/Spanien waren sich alle Experten darüber einig, daß das Rennen auch durch einen Crash entschieden werden konnte. Bloß die deutschen Reporter glaubten unbeirrbar an das Gute im Schumacher: "Ich habe Sie als fairen Sportsmann kennengelernt, von dem ich nicht glaube, daß er die WM durch einen Unfall für sich entscheiden möchte - ein mit solchem Makel behafteter Titel wäre Ihnen doch sicher nicht recht", gab der Reporter des Inforadios brav Stichworte, die Michael Schumacher jedoch allesamt ignorierte:

"Fairheit und Sportlichkeit sind zwei verschiedene Punkte!" erklärte er, Haupsache sei das Weltmeisterwerden, egal wie. Vielleicht auch für das Team des Konkurrenten? Das Öffentlich-Rechtliche drohte jedenfalls schon mal: "Wenn Frentzen Schumacher abschießt, dann kann er gleich einen Asylantrag stellen!"

Aber eigentlich konnte ja gar nichts schief gehen, 84 Prozent aller RTL-Zuschauer waren fest vom dritten Weltmeister-Titel für Schumacher überzeugt. Bis zur 47. Runde lief auch alles nach Plan. Dann jedoch überholte Jacques Villeneuve den Führenden und der versuchte einen klassischen Rammer. Der allerdings deutlich schiefging, denn von allen möglichen Stellen erwischte er bloß den Luftkasten des gegnerischen Wagens, Villeneuve schlenkerte nur ein wenig, konnte dann jedoch weiterfahren. Im Gegensatz zu dem Unfallverursacher, dessen Auto ins Kiesbett geschleudert wurde und dort stehenblieb. Es dauerte eine Weile, bis Schumacher begriffen hatte, was passiert war. Dann stieg er aus, schubste einen Kameramann und wurde von seinem Manager Willy Weber abgeführt. Während Damon Hill, dem 1994 beim Finale in Adelaide Ähnliches passiert war, sich endlich gerächt fühlen durfte und sein Rennen ebenfalls kurzerhand beendete. Michael Schumacher hatte sich in der Zwischenzeit wohl im Klo, dem einzigen abschließbaren Ort im Ferrari-Fahrerlager, eingeschlossen. Ungeachtet aller Appelle seines Managers ("Du mußt da jetzt sofort rauskommen und mit den Reportern reden!") blieb er bockig ("Ich muß gar nichts! Ich komm hier nie wieder raus, hörst du, nie wieder! Und sprechen tu ich überhaupt auch nie wieder mit jemandem!"), keinen Argumenten zugänglich ("Komm Michael, das Leben geht weiter!" - "Geht es nicht!") und sehr, sehr wütend ("Du hast gesagt, ich werde Weltmeister! Du hast es mir versprochen! Und Ralf auch, dabei hat der den blöden Villeneuve einfach vorbeigelassen! Mit euch bin ich fertig!"). Nach zwei Stunden hatten die Reporter immer noch kein Interview mit dem WM-Zweiten bekommen, und wurden langsam böse. Erste Stimmen wurden laut, die Schumacher vorwarfen, einen eindeutigen Fehler gemacht zu haben. Wenn deutsche Reporter so etwas tun, dann muß der Fehler schon extrem eindeutig sein.

Besonders Kai Ebel, Heiko Wasser und Jochen Maas von RTL sehen eigentlich nur das, was sie auch wirklich sehen wollen, und das sind deutsche Fahrer weit vorne. Wenn deutsche Fahrer einmal nicht weit vorne sind, dann nur deswegen, weil sie von ausländischen Fahrern heimtückisch gebremst werden. Während des Großen Preis von Ungarn war den RTL-Kommentatoren so ihr Meisterstück gelungen: In der elften Runde war der bis dahin führende Michael Schumacher von Damon Hill überholt worden. Der amtierende Weltmeister fuhr unermüdlich beste Rundenzeiten, Schumacher fiel immer weiter zurück. Ein Grund für Ebel/Maas sich sehr, sehr aufzuregen, denn: "Hill hält Schumacher auf!"

Und Ukiyo Katayama? "Wenn ich mit dem Rennfahren aufhöre, werde ich Extrembergsteiger", erklärte er in einem Interview, "weil ich verrückt bin".Sein größter Wunsch für das letzte Rennen ging jedenfalls teilweise in Erfüllung: "Daß mich Villeneuve und Schumacher nicht überrrunden!" Denn während Ukiyo noch rennenfuhr, saß Schumi schon trotzig auf dem Klo.