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Eine Wochenzeitung machen, das wär's, hatten wir uns vorgestellt, und die Vorteile der Sieben-Tage-vorgestellt, und die Vorteile der Sieben-Tage-Woche lagen ja auch unmittelbar auf der Hand, 1 Zeitung, 6 Tage frei! In der Redaktion würde es zugehen wie in einer Teestube, ach was, wie im Feierabendheim, supergemütlich jedenfalls, was aber auch völlig egal wäre, da man sich in den Redaktionsräume ja sowieso selten aufhielte. Vielleicht mal dienstags kurz reinschauen, die nächste Ausgabe klarmachen, kurz die Lage checken, das war okay.

Enthusiasmiert stimmten wir den alten Schlager an: "Zeit macht nur vor dem Teufel halt ..." Außerdem schien eine Wochenzeitung schon aus grundsätzlichen Erwägungen besser zur Linken zu passen als eine Tageszeitung, denn es bedeutete, mehr Zeit zu haben für Straßenkampf, Einkaufsbummel und was sonst noch so alles anfällt. Anfangs gab es aber auch ein paar Wochenzeitungs-Muffel, die behaupteten, wir würden keineswegs reich und glücklich, sondern müßten auch eine Menge arbeiten.

Telefonate mit einer befreundeten, bereits voll arbeitsfähigen Wochenzeitungs-Redaktion deuteten in diese fatale Richtung. Immer wenn man anrief, hieß es: "Keine Zeit", denn man habe gerade "Redaktionsschluß", "Endproduktion" bzw. den "totalen Streß" - gleichgültig, ob man donnerstags, montags oder am Freitag nachfragte. Wahrscheinlich war der Laden einfach nur schlecht organisiert. Es wurden dann noch Alternativen diskutiert, manche wollten plötzlich lieber eine Vierteljahresschrift herausgeben, die hätte dann allerdings wieder mehr Seiten, also wurde das Projekt fallengelassen.

Inzwischen, nach 14 Ausgaben, kann sich niemand von uns mehr vorstellen, irgendwas anderes als eine Wochenzeitung zu machen. Dazu hat hier auch niemand mehr Zeit. Vorabendserien gucken, ins Kino gehen, Urlaub, Bücher, vielleicht sogar Freunde? Nö, Manuskripte, Sitzungen, Interviews, Kaffe kochen, Drucker reparieren, das Ausland, die Lagen, Demos, archivieren, redigieren, regredieren. Einige denken bereits daran, ihre Wohnung aufzugeben, lohnt sich einfach nicht mehr.

Zusammenfassend kann man sagen, wir haben einen schweren Fehler gemacht, aber jetzt ist es eben zu spät.