Rechnen, liberal

Alles wird teurer - fragt sich nur wann. Im Hin und Her von Blockadevorwürfen und Kompromißangeboten sieht es nach der Haushaltsdebatte im Bundestag so aus, als könnten SPD und Regierungskoalition in neuen Gesprächen zu einer Einigung in Steuer- und Rentenfragen kommen. Darunter eine Anhebung der Mehrwertsteuer, um den schon beschlossenen Anstieg des Rentenbeitrags auf 21 Prozent wieder rückgängig zu machen. Um gegen seinen parteiinternen Konkurrenten Schröder ("Erst das Land, dann die Partei") nicht als Blockierer dazustehen, legte sich diesmal SPD-Chef Lafontaine für eine große Koalition in der Steuerpolitik ins Zeug. In seiner Bundestagsrede am 26. November bot er eine Senkung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent an. Die Koalition reagierte umgehend und erklärte sich erstmals zu einer "kleinen Steuerreform" ohne Nettoentlastung bereit. Um das Image der FDP als Steuersenkungspartei trotzdem zu retten, entdeckte ihr Schatzmeister Hermann Otto Solms einen Rechenfehler in der bisherigen Argumentation seiner Partei. Eine Nettoentlastung sei nicht mehr notwendig, weil die Koalition die Steuerzahler in dieser Legislaturperiode schon um 33 Milliarden Mark entlastet habe. Die (vorläufige) Nettoentlastung von 12,4 Millionen Mark zu Lasten des FDP-Parteibudgets, die auf einen Formfehler seiner selbst zurückgeht, hat Solms dabei noch nicht mitgerechnet.