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Muß man eigentlich auf die Straße gehen, um die Gesellschaft zu verändern? Sind die Gesellschaft zu verändern? Sind die Straßen nicht bereits viel zu unsicher? Ist es nicht schon viel zu kalt draußen? Geht es nicht auch drinnen? Bei einer Zeitung, bei der wir gemütlich rumtheoretisieren können? Die Vorteile liegen auf der Hand. Theorien lassen sich von jedem Ort der Welt aus entwickeln (Bett, Flokati, Badewanne), man muß sich nicht bewegen. Ideal ist die Theorie auch für Leute, die keine Mollis bauen können; sie eignet sich selbst für den schmalen Geldbeutel. Und, noch ein Vorteil, Theorie ist umweltschonend. Eine besondere Arbeitskleidung muß man sich nicht zulegen, Theorien lassen sich gut in legerer Garderobe (Freizeit-Anzug, siehe auch Dr. Dr. Dr. Rolf Schwendter) ausbrüten. Spezielles Zubehör ist ebenfalls nicht erforderlich, handelsübliche Theorien passen in eine Plastiktüte. Auch der lästige Gruppendruck entfällt. Theoretisieren ist ein schönes Hobby für den Single, kann aber auch paarweise ausgeübt werden (Horkheimer/ Adorno, M. und A. Mitscherlich, Pat und Patachon, Lilli und Poldi), ja sogar im Fünfer (siehe Marx/Engels/Lenin/Stalin/Mao Tse Tung).

Das alles dachten wir jedenfalls und ließen unsere neueste Theoriebeilage vom Stapel. (Links & Rechts, Rechts & Links, Dossier, letzte Woche, Sie erinnern sich?) Dieser naive Einfall rächte sich sogleich, besorgte Briefe, Anrufe, E-mails gingen ein. Ist links nun rechts, oben unten, schwarz weiß? Jede kleine theoretische Ausschweifung mußte mit unzähligen Auskünften teuer bezahlt werden. Ja, wenn das so ist, gehen wir lieber auf die Straße - allerdings nur zum Weihnachtseinkauf.