Aufstand der Steuerzahler

Mugabe kann seine Versprechen nicht einlösen. Jetzt zwang ein Generalstreik Simbabwes Regierung zur Rücknahme von Steuererhöhungen

Das ist Robert Mugabe, dem unangefochtenen Parteivorsitzenden der faktisch einzigen Partei Simbabwes, der Afrikanisch-Nationalen Union Simbabwes - Patriotische Front (ZANU-PF), noch nie passiert: Seine Genossen verwehrten ihm die Gefolgschaft. Als er Anfang Dezember die 5 000 Delegierten des Parteitages befragte, ob ein fünfprozentiger Solidaritätszuschlag auf die Einkommenssteuer akzeptabel sei, um damit die Entschädigungszahlungen für die Helden des Befreiungskrieges zu finanzieren, entgegneten die mit einem klaren "Hatidi" (das wollen wir nicht).

Mugabe nahm sogleich von seinem Vorhaben Abstand und hat nun ein Problem: 17 Jahre nach der Unabhängigkeit von Großbritannien sollen endlich diejenigen, die im Befreiungskrieg gegen das verhaßte weiße Regime von Ian Smith, dem Führer der rassistischen Rhodesischen Front, gekämpft hatten, Entschädigungszahlungen und regelmäßige Pensionen erhalten. Die Weltbank, die den früher als "marxistisches Monster" betitelten Rebellenchef Mugabe wegen seiner rigorosen Devisensparpolitik und gewissenhafter Abstotterung der Auslandsschulden lobte, findet das weniger gut. Angesichts der Entschädigungskosten von knapp 220 Millionen Mark droht sie vorsorglich mit dem Stopp von Finanzhilfen für das frühere Rhodesien. Aber auch die Bevölkerung, ohnehin mit den höchsten Steuern des Kontinents belastet, geht auf die Barrikaden: Für den Dienstag vergangener Woche hatte deshalb der Kongreß der Gewerkschaften Simbabwes (ZCTU), ein Dachverband verschiedener Arbeitnehmerorganisationen, zu einem Generalstreik und landesweiten Protestkundgebungen aufgerufen.

Mit der Begründung, der Anlaß der Demonstrationen habe sich durch die Rücknahme des Solidaritätszuschlags erledigt, verbot Innenminister Dabengwa sämtliche Veranstaltungen. Zwar entschied der Oberste Gerichtshof, dies sei rechtswidrig, dennoch wurden alle Zufahrtswege zum Zentrum der Hauptstadt Harare am Dienstag von der

Polizei abgesperrt. Die Demonstranten errichteten daraufhin ihrerseits Straßensperren und kassierten Benutzungsgebühren. Im Falle der Nichtbezahlung wurden Windschutzscheiben eingeschlagen. Es kam zu Ausschreitungen, in deren Verlauf die Polizei Tränengas einsetzte. Die Bilanz des eintägigen Streiks: mehrere geplünderte Geschäfte, ein Bus und ein Polizeifahrzeug wurden angezündet. Für das friedliche Simbabwe schon fast anarchistische Zustände. Nicht verwunderlich also, daß die Regierung am Tag nach dem Ausstand die angekündigten Anhebungen der Mineralölsteuer und der Strompreise zurücknahm.

Die regierungsnahe Tageszeitung Herald behauptete nach den Demonstrationen, die Großfarmer hätten ihren Angestellten zur Teilnahme an den Protestkundgebungen sogar bezahlten Urlaub und kostenlosen Transport angeboten. Tags darauf, am Donnerstag letzter Woche, wurde der ZCTU-Chef Tsvangirai von acht Unbekannten zusammengeschlagen und schwer verletzt.

Die ZANU-PF hat sich in ihre stärkste innenpolitische Krise seit der Unabhängigkeit 1980 manövriert. Sie steht bei den Veteranen des Unabhängigkeitskrieges im Wort, den bis dato stärksten Stützen des Mugabe-Regimes, ohne ein Finanzierungsmodell für die Entschädigungs- und Pensionszahlungen erarbeitet zu haben. Hinzu kommt die angekündigte Enteignung von bis zu 1 400 zumeist weißen Großgrundbesitzern, um endlich das zweite Versprechen seit der Unabhängigkeit einzulösen und eine Bodenreform durchzuführen. Kaum verlautbart, war eine Abwertung des Zimdollars um etwa ein Fünftel gegenüber den Leitwährungen US-Dollar, Yen und Mark zu verzeichnen.

Von den Farmern sollen vor allem diejenigen enteignet werden, die mehrere Landgüter besitzen, sie aber nicht effektiv nutzen, sowie ausländische Besitzer und diejenigen, die ihre Angestellten nicht anständig behandeln. Als Ergebnis wurden weiße sowie schwarze Grundbesitzer in die Liste der zu enteignenden 1 400 aufgenommen. Nach der für die Regierung verlorenen Machtprobe in Sachen Solidaritätsabgabe und Steuererhöhung ist jedoch fraglich, ob Mugabe überhaupt noch Macht und Geschick besitzt, eine wirkungsvolle Bodenreform zu realisieren.