»Die Türkei kurbelt unsere Wirtschaft an«

Rauf Denktash, Präsident von Nordzypern

Im Oktober sollen im Süden Raketen stationiert werden. Wie werden Sie darauf reagieren?

Die US-Amerikaner haben uns erklärt, sie würden eine Stationierung nicht erlauben. Allerdings haben sie uns früher auch erklärt, sie würden nie erlauben, daß Griechenland Militär-Basen auf Zypern errichtet. Aber Griechenland hat die Basen. Also werden sie auch dieses Mal nichts machen. Darauf werden wir uns vorbereiten.

Der Paphos-Flughafen im Süden ist inzwischen an die griechische National-Garde verkauft worden. Ist damit ein neuer Konflikt programmiert?

Es scheint so. Griechenland provoziert zunehmend. Der Süden hat erklärt, daß Griechenland im März dort eine Basis errichten wird. Was auch immer mit Griechenland ausgehandelt wird, wir werden unverzüglich das Gleiche mit der Türkei tun. Wir haben ein zweites Flugfeld in Gecikale, das wir der Türkei geben werden, damit türkische Flugzeuge dort landen können.

Der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei besteht seit mehr als 24 Jahren. Kann er noch gelöst werden?

Zypern ist keine Nation, hier leben Griechen und Türken. Früher gab es eine Partnerschaft. Die einen sahen Griechenland als ihr Mutterland an, wir die Türkei. Das ist das zypriotische Problem. Die griechischen Zyprioten wollten die Abmachung zerstören, die Zypern als Partnerschaftsstaat kreierte. Als sie das zerstörten, was 1963 vorbereitet worden war und uns aus der Partnerschaft rauswarfen, okkupierten sie 100 Dörfer, und mein Volk erhielt den Flüchtlingsstatus.

Die griechischen Zyprioten machen die Invasion türkischer Soldaten 1974 dafür verantwortlich.

Sie erzählen seit 24 Jahren aller Welt Lügen. Leider glaubt ihnen besonders Europa. Das Problem hat nicht 1974 mit der Ankunft türkischer Soldaten begonnen. Sondern 1963, als sie uns angriffen, die Republik Zypern zerstörten, international den Titel Zypern verwendeten und gegen uns ein illegales und inhumanes Embargo verhängen ließen.

Ist nie über politische Gleichstellung gesprochen worden?

Ich habe mit Glafkos Klerides im Oktober 1994 darüber gesprochen. Er sagte: "Ich spreche nicht mit Ihnen, wenn Sie nicht unseren Antrag für die Aufnahme in die EU unterstützen." Ich sagte ihm, der Antrag sei nur von den griechischen Zyprioten gemacht worden, nicht von der ganzen Insel. Sie können diesen Antrag aber nicht machen, solange die Vereinbarung von 1960 existiert. Dort ist geregelt, daß Zypern nicht die Mitgliedschaft in irgendeiner Union beantragen kann, in der nicht die Türkei und Griechenland Mitglieder sind. Die Türkei ist kein EU-Mitglied. Somit ist das illegal, denn es geht auf Zypern um zwei souveräne Staaten.

Der türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz hat jüngst geäußert, er sei mit der Menschenrechtssituation in der Türkei nicht zufrieden. Wie sieht die Bilanz bei Ihnen aus?

Jedes Jahr gibt die USA einen Report über die Menschenrechte auf Zypern heraus, der für uns gut aussieht. Wir haben keine politischen Gefangenen, keine Hinrichtungen, wir haben ein demokratisches Parlament mit fünf Parteien, Meinungsfreiheit und eine freie Presse.

Auf dem EU-Gipfel in Luxemburg ist dem griechischen Teil Zyperns signalisiert worden, als einer von sechs aussichtsreichen Kandidaten aufgenommen zu werden.

Der Norden will nicht in die EU. Wir machen Verträge mit der Türkei, denn die kurbelt unsere Wirtschaft und unser politisches Leben an.