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Israel will seine Truppen im Südlibanon gegen UN-Soldaten austauschen, der Libanon besteht auf einem Abzug ohne Bedingungen

Ein Sachverhalt und drei Meldungen. Die erste lautet: Die libanesische Regierung hat Israels Angebot abgewiesen, sich aus dem Südlibanon zurückzuziehen. Im Gegenzug forderte Israel Sicherheitsgarantien, die vor allem darauf abzielen, schiitische Hisbollah-Milizen daran zu hindern, Bomben auf nordisraelische Städte zu schießen. Israels Angebot, das Anfang März von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verkündet wurde, enthält nach Ansicht der Regierung in Beirut nichts Neues und sei es nicht wert, weiter erörtert zu werden.

Eine ähnliche Meldung: Die israelische Regierung akzeptiert eine zwanzig Jahre alte Resolution des Uno-Sicherheitsrates, wonach sich die israelischen Truppen aus dem Südlibanon zurückziehen sollen. Für die abziehenden Israelis sollen unter der Führung Frankreichs Uno-Truppen in den Libanon einrücken und dort der gewählten libanesischen Regierung beim Wiederaufbau des südlichen Landesteils helfen.

Eine dritte Meldung zum gleichen Sachverhalt: Die israelische Regierung wäre erfreut, in Übereinstimmung mit der Uno-Resolution 425 den Südlibanon bald zu verlassen, erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Jerusalem dem israelischen Kabinett, "wenn die libanesische Regierung mit uns zusammenarbeitet, um geeignete Sicherheitsarrangements zu treffen".

Keine der drei Meldungen enthält einen Fehler. Allein, die erste deutet an, Israels Libanon-Politik habe sich nicht geändert, die zweite vermittelt, äußerer Druck habe die Regierung Netanjahu dahin gebracht, etwas längst Überfälliges zuzugestehen. Und die dritte hinterläßt den Eindruck, daß Jerusalem eine wegweisende Friedensofferte vorgelegt hätte.

Dieser verwirrende Befund verschwindet auch nicht, wenn man sich den Sachverhalt genauer anschaut: Israels Verteidigungsminister Yizhak Mordechai konkretisierte Netanjahus Vorstoß folgendermaßen: "Die israelische Armee wird weiterhin im Südlibanon operieren und die Siedlungen an der israelischen Nordgrenze verteidigen. Zur gleichen Zeit akzeptiert Israel die UNO-Resolution 425 gemäß seiner Interpretation, nämlich daß die Regierung des Libanon dahingehend handeln soll, ihre Kontrolle im Libanon sicherzustellen, und daß feindliche Aktivitäten gegen Israel, die weiterhin vom Libanon aus stattfinden, verhindert werden."

Wissenschaftsminister Michael Eitan sprach von einem "substantiellen Wechsel" in der israelischen Politik, künftig werde der israelische Norden an einer internationalen Grenze verteidigt. Ähnlich bewertete Uri Lubrani, der in der Netanjahu-Regierung für die Libanon-Politik zuständig ist, die Entwicklung: Man gebe zunächst die Bemühungen, mit Libanon und Syrien zu einem umfassenden Friedensvertrag zu kommen, auf und konzentriere sich auf einen geregelten Truppenrückzug, wie er in der UN-Resolution gefordert wird.

Es geht um einen etwa 15 Kilometer breiten Streifen im Süden Libanons, der seit 1978 von Israel zum Schutz seiner Nordgrenze kontrolliert wird. Libanons Außenminister Faris Bues erklärte, über einen Truppenrückzug müsse nicht verhandelt werden, ein solcher Schritt sei sozusagen erst die Bedingung für richtige Friedensgespräche. Ähnlich argumentiert die syrische Regierung, die auch Truppen im Libanon stationiert hat.

Benjamin Netanjahu versuchte nun auf seiner Europareise, die ihn nach Madrid, Bonn, Oslo und London führte, sich europäischer Unterstützung für seinen Abzugsplan zu vergewissern. Verteidigungsminister Mordechai war schon letzte Woche in Paris, wo er die französische Bereitschaft sondierte, Friedenstruppen zu entsenden. Frankreichs Außenminister Hubert Védrine erklärte dazu etwas kryptisch: "Wir könnten Israel, Libanon und Syrien einen Dienst anbieten, weil diese drei Fragen miteinander verbunden sind."

Unterstützung erhält die Netanjahu-Regierung vor allem aus dem eigenen Land. Die vom linken Knesset-Abgeordneten Yossi Beilin (Arbeitspartei) initierte Bewegung für einen Abzug aus dem Libanon begrüßt Netanjahus Schritte, und diese Bewegung selbst erhielt jüngst erstaunlichen Zulauf. Zwei ehemalige wichtige Politiker des konservativen Likud-Blocks, Ex-Finanzminister Yizhak Modai und Tel Avivs Ex-Bürgermeister Shlomo Lahat, erklärten, daß sie das Anliegen von Beilins Friedensbewegung unterstützen werden. Und auch der vergangene Woche in seinem Amt bestätigte Staatspräsident Ezer Weizman sagte nach seiner Wiederwahl in der letzten Woche: "Israel muß sich aus dem Libanon zurückziehen."