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Was macht eigentlich eine Redakteurin oder ein Redakteur? Redakteurinoder ein Redakteur? Sätze glätten, Kommas verschieben, Titel ersinnen, Bilder klauen, neue idiotische Ideen aushecken? Alles nicht ganz falsch, aber das macht höchstens ein Hundertstel der Redakteurszeit aus, 99 Hundertstel bestehen aus: Autoren bequatschen, Autoren belästigen, Autoren bemuttern. Und natürlich: auf Autoren warten.

Aber die können halt auch nicht anders als einen warten zu lassen. Sicher, der Artikel hätte am Montag fertig sein sollen. Aber da hatte der Autor Migräne oder sowas, noch vom Wochenende her. Am Dienstag muß die Autorin zum Steuerberater, mittwochs hat er, meistens sie, Haushaltstag, donnerstags fällt ihm leider gar nichts ein. Aber Freitag, drängelt der Redakteur, Freitag muß der Artikel wirklich kommen. Doch am Freitag, da stört eben das Kraftfeld. Das Kraftfeld? Wohnt der Autor in Brokdorf? Besitzt er einen defekten Mikrowellenherd? Erdstrahlen? Lunare Einflüsse (Vollmond)? Nein, das alles sei es nicht, sagt der Autor (die Autorin), er (sie) könne es nicht erklären. Aber es geht nicht, freitags geht es einfach nicht. Nun wird die Zeit langsam knapp, die Redakteurin dreht am Daumen, fängt wieder mit dem Rauchen an, leidet an Einschlafstörungen: Wie soll das alles noch zu schaffen sein?

Wir wissen es auch nicht. Tatsache ist: Zwei Minuten vor Finito trifft der Artikel doch noch ein. Es ist wie bei Hitchcock, wo dann der Schlüssel in den Gully fällt und, na Sie wissen schon. Und während der Redakteur noch am Aufatmen ist, bereitet der Autor schon seine nächste Migräne vor.

(Nächste Woche: Wie Autoren unter Redakteuren leiden)