NZZ und Entschädigungen für Holocaust-Opfer

Task Force Ruhe in der Bank

"Bronfmans 'totaler Krieg'" war Mitte vergangener Woche ein Artikel der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) überschrieben. Die liberal-konservative Tageszeitung griff den Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Edgar Bronfman, scharf an. Dieser hatte in der jüngsten Ausgabe des Jewish Bulletin of Northern California von den Schweizer Banken drei Milliarden Dollar als Entschädigung für die Opfer des Holocaust gefordert.

Ein Vergleich in dieser Höhe würde wahrscheinlich zur Einstellung der Sammelklagen von Holocaust-Opfern gegen Schweizer Banken führen. "Wir kommen nun an einen Punkt, wo die Angelegenheit erledigt werden muß. Oder es kommt zum totalen Krieg", zitierte die NZZ Bronfman. "Wenn die Schweizer weiterhin störrisch bleiben, werde ich alle amerikanischen Aktionäre aufrufen, ihre Geschäfte mit den Schweizern zu suspendieren."

Doch anstatt Bronfmans Worte als verbale Fehlleistung eines an den jahrzehntelangen Verzögerungen der Schweizer Delegationen, darunter auch die des Sonderstabes "Task Force Vermögenswerte Naziopfer", verzweifelten Verhandlungspartners hinzunehmen, versucht sich die NZZ als Instanz für Totalrehabilitation: "Wenn ein Schweizer Politiker irgend etwas äussert, das man - meist mit bösem Willen - als antisemitisch oder nazistisch qualifizieren kann, folgen aus New York sogleich Betroffenheitserklärungen und Entschuldigungsforderungen. (...) Es genügt nicht, dass man in New York schweizerische Anfrager hinter vorgehaltener Hand mit der Erklärung zu beschwichtigen versucht, Bronfman sei eben dumm". "Neue Störmanöver" müßten künftig ausbleiben, damit bei der Geschäftstätigkeit der Banken "wieder Ruhe einziehe".

Daß sich die NZZ als "Task Force Ruhe in der Bank" aufzuspielen versucht, hat gute Gründe: Ein Moratorium für Sanktionen und Boykotte gegen Schweizer Unternehmen, das seit Dezember in Kraft ist, läuft Ende März aus. Der Antrag von US-Senator Alfonse D'Amato, die Geschäfte der Schweizer Großbank UBS auf US-Territorium zu verhindern, könnte dann ebenso umgesetzt werden wie verschiedene Boykottmaßnahmen und Sanktionsgesetze einzelner US-Bundesstaaten.

Zuletzt hatte Anfang März der Banken- und Versicherungsausschuß von New Jersey den Entwurf zu einem Sanktionsgesetz gegen Schweizer Banken angenommen: Sollte die Vorlage weiterhin positiv beurteilt werden, will New Jerseys Verwaltung ihre Gelder solange von Schweizer Banken abziehen, bis "die Frage der nachrichtenlosen Vermögen befriedigend geregelt" sei.

Die Bundesstaaten New York, Florida und Kalifornien haben schon länger angekündigt, per Gesetz dafür sorgen zu wollen, daß Schweizer Banken keinen Cent mehr sehen, solange sie nicht kooperieren. Ähnliche Entwürfe sind seit Ende Januar auch gegen europäische Versicherungen, darunter neun deutsche und drei aus der Schweiz, eingebracht worden. Darin ist ein Verbot jeglicher Geschäftstätigkeit dieser Gesellschaften in den USA vorgesehen, sofern nicht die Namen sämtlicher Holocaust-Opfer genannt würden, an denen man sich in der Vergangenheit bereichert habe. Die Schweizer Versicherungen Winterthur und Basler hatten sich zudem im Februar gegen eine Kooperation mit US-Behörden ausgesprochen und Einsicht in die Firmenarchive verweigert.