Verfahren gegen Eva Juhnke wegen PKK-Mitgliedschaft

Kurzer Prozeß

Für den 30. April wird in der Türkei das Urteil gegen die Hamburgerin Eva Juhnke erwartet. Seit fünf Jahren in Kurdistan lebend, war sie im Oktober letzten Jahres auf irakischem Gebiet in der Nähe des Grenzortes Hakkari von türkischen Militärs festgenommen worden. Das Staatssicherheitsgericht Diyarbakir verdächtigt sie der Mitgliedschaft in der kurdisch-separatistischen PKK, nach dem türkischen Strafgesetzbuch droht ihr eine Haftstrafe von bis zu 24 Jahren.

Ihr Anwalt Metin Kilavuz beantragte zwar, das Verfahren vor einem internationalen Gericht zu führen. Schließlich ist Eva Juhnke weder türkische Staatsangehörige noch wurde sie auf türkischem Boden verhaftet. Aber das Gericht lehnte diesen Antrag ab, da die türkische Seite bestreitet, daß Juhnke auf irakischem Gebiet verhaftet wurde. Dagegen erklärt Norman Paech, Professor für Rechtswissenschaften an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg, gegenüber Jungle World, die Grenze zum Irak werde seit etwa vier Jahren von türkischen Spezialeinheiten immer wieder überschritten. Die Türkei schaffe sich eine Art "Pufferzone". Dabei verletze sie nicht nur die Souveränität des Irak, sondern verstoße auch gegen das Hoheitsrecht der Vereinten Nationen (UN). Das betreffende Gebiet wurde nämlich im April 1991 vom UN-Sicherheitsrat in der Resolution 688 zum Schutz der kurdischen Bevölkerung im Nordirak zur Sicherheitszone unter UN-Kontrolle erklärt. Die Nachbarstaaten wurden dabei ausdrücklich ermahnt, "die Souveränität, territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit des Iraks" zu achten. Daß die Türkei dies nicht tut, wird auf internationaler Ebene meist ignoriert.

Die Bundesrepublik beispielsweise stellt Ankara weiterhin Kredite in Millionenhöhe sowie Kriegsmaterial zur Verfügung. So sind die Panzer, die die türkische Armee im Nordirak einsetzt, zum Teil Militärfahrzeuge aus Restbeständen der Nationalen Volksarmee. Die türkische Armee setzte bei der "Operation Morgenröte", jener Militäraktion im Herbst letzten Jahres, bei der Juhnke festgenommen wurde, ebenfalls Fahrzeuge aus der früheren DDR ein.

Seit der Aktion sitzt die Deutsche in einem Gefängnis in Mus in Türkisch-Kurdistan in Isolationshaft. Mittels Hungerstreik setzten sie und andere Gefängnisinsassen allerdings eine Aufhebung der Kontaktsperre durch. Zum letzten Prozeßtermin am 19. März dieses Jahres war bereits eine Hamburger Beobachterdelegation nach Diyarbakir gereist, die Verhandlung wurde allerdings schon nach wenigen Minuten vertagt. Laut Heidi Lippmann-Kasten, Vorsitzende von prison watch international, war das ein Verdienst der Solidaritätsarbeit: "Allein durch unsere Anwesenheit konnten wir erreichen, daß Eva Juhnke in diesem Prozeß nicht innerhalb weniger Minuten zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde." Daher will die Prozeßdelegation auch am Donnerstag das Verfahren weiter beobachten.

Die Deutsche Botschaft zeigte sich lange Zeit nicht interessiert. So beklagte Anwalt Kilavuz, die diplomatische Vertretung kümmere sich um eine Deutsche, die in der Türkei in einen Verkehrsunfall verwickelt ist, mehr als um den Fall Juhnke. Inzwischen jedoch setzt sich die deutsche Auslandsvertretung nach Auskunft von Lippmann-Kasten aufgrund des öffentlichen Drucks sogar für eine Besuchserlaubnis der Prozeßdelegation bei Juhnke ein.