Trakehner-Zucht eingestellt

Das Deutschtum im Ausland verliert seinen CDU-Bundestagsabgeordneten Egon Jüttner

Egon Jüttner weiß, was er will. Aber er weiß auch, wo er es nicht mehr wollen darf, wenn er seine Karriere als Bundestagsabgeordneter und Professor an der Münchener Bundeswehr-Hochschule nicht gefährden will. Nachdem der Spiegel Ende Januar von den Geschäften des völkischen Allgemeinen Deutschen Kulturverbandes (ADKV) im nördlichen Ostpreußen berichtet hatte, legte der Ehrenpräsident und Vorsitzende der deutschen Sektion, der CDU-Mann Jüttner, eilig beide Ämter nieder.

Bereits in der Februar-Ausgabe der Nachrichten des ADKV wurde dann der Versuch unternommen, die Vorwürfe zurückzuweisen: Es handle sich um eine "Kampagne" gegen alles, was nicht dem "Zeitgeist" entspreche. Der ADKV habe "im Raum Trakehnen eine Bäckerei und zwei Wohnhäuser für Rußlanddeutsche zusammen mit dem Freundeskreis der Rußlanddeutschen" gebaut und "den Deutschunterricht für rußlanddeutsche Kinder und Erwachsene" bezahlt. Zu ergänzen wäre, daß der Ansprechpartner des ADKV in Polen der frühere NPD-Aktivist Hans-Dietrich Otto ist, der im Kaliningradskaja Oblast die Firma Basis Hoch-Tiefbau betreibt, die bereits für Manfred Roeder und das "Deutsch-Russische Gemeinschaftswerk" tätig war.

Trotz aller Beteuerungen wollte Jüttner, der als stellvertretendes Mitglied auch dem Bundeswehr-Untersuchungsausschuß des Bundestages angehört, seine ADKV-Ämter nicht behalten. War ein Konservativer von Rechtsradikalen getäuscht worden, bis ihm der Spiegel den rechten Weg wies? Mitnichten. Weder nimmt es der Mannheimer Bundestagsabgeordnete mit der deutschen Geschichte so genau, noch gehört er zu jenen, die gegen irgendwelche Germanisierungspläne etwas einzuwenden hätten. Ersteres dokumentierte er im April 1995 durch die Unterzeichnung des Aufrufes "Gegen das Vergessen". Letzteres stellte er in einem Artikel "Wo Deutsche wieder deutsch sein dürfen" heraus, der vor wenigen Wochen im Deutschland-Magazin publiziert wurde.

Da berichtet er von einem Informationsbesuch im Baltikum: "In Litauen zeigt sich, wie in anderen früheren Sowjetrepubliken auch, daß im Lande mehr Deutsche gelebt haben, als dies aus offiziellen Statistiken der Sowjetunion hervorging." "Viele Deutsche" hätten sich nicht als Deutsche registrieren lassen, um der "Repression" zu entgehen. Doch "heute findet in keinem der baltischen Staaten eine solche Diskriminierung mehr statt, so daß sich immer mehr Menschen zu ihrer deutschen Herkunft bekennen und nach Jahrzehnten sprachlicher und kultureller Unterdrückung die Gelegenheit, ihre deutsche Identität wiederzufinden, gern ergreifen." Daß ihnen dabei die Bundesregierung finanziell und "in Form der Entsendung deutscher Lehrkräfte" unter die Arme greift, vergißt Jüttner nicht zu erwähnen.

Auf einem den Burschenschaftlichen Blättern beigelegten Faltblatt des ADKV hieß es vor wenigen Monaten in einer Selbstdarstellung, man arbeite "am Erhalt von Kultur, Sprache, Volkstum und Bräuchen, also den Wurzeln des Lebens, die Heimat bedeuten". Über dem ADKV-Porträt prangte damals noch das Bild Jüttners, der die gleichen Inhalte jetzt lieber ohne den ADKV vertritt.