Sekretärin in Berlin

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Ich war 13 Jahre alt und mit der Klasse im Ferienlager auf der Ostseeinsel Usedom. Wir waren immer sehr begeistert über diese Fahrten, an denen alle teilnehmen konnten, die Lust dazu hatten. Es war sehr billig, jeder konnte sich leisten mitzufahren, und es wurde immer viel unternommen. Als wir älter waren, durften wir abends sogar nach Rostock in die Disco fahren. Von der Weltmeisterschaft haben wir damals kaum etwas mitbekommen.

1974 war ein besonders warmer Sommer, es war eigentlich immer schönes Wetter - da läßt man die Kinder natürlich nicht vor dem Fernseher hocken, und mit 13 hatten wir noch kein Mitspracherecht.

Wir waren fast ständig am Strand oder machten Ausflüge, das hat uns genausogut gefallen. Das Spiel DDR gegen die BRD durften wir dann aber doch ansehen, wahrscheinlich, weil die Konstellation eine besondere war und unsere Lehrer das Match auch verfolgen wollten. Unser Sommerlager war zwar eigentlich ein Zeltlager, aber die Zelte waren sehr groß, es standen richtige Betten darin, der Fernsehapparat stand in dem Trakt, wo sich auch der Speiseraum befand. Dort versammelten wir uns alle, ich glaube nicht, daß es irgend jemanden gab, den das Spiel nicht interessiert hätte. Als Sparwasser dann das Siegtor schoß, haben natürlich alle gejubelt, alle, außer mir. Denn ich mochte doch den Franz Beckenbauer so gern und hätte mir deswegen gewünscht, daß sein Team gewinnt. Alles um mich herum freute sich also, und ich habe mich dann schließlich zusammengerissen und mich mitgefreut.

Das nächste Spiel, das wir dann sehen durften, war das Endspiel. Daß die BRD und damit Franz Beckenbauer Weltmeister wurde, war für mich natürlich ganz großartig. Die Siegerehrung haben wir jedoch nicht gesehen, der Fernseher wurde vorher ausgeschaltet. Es sei Abendbrotzeit, lautete die offizielle Begründung, deswegen durften wir nicht mehr anschauen, wie die BRD-Kicker den Pokal bekamen. Nicht sehen zu können, wie Beckenbauer den Pokal küßte, das hat mich mörderisch gegrämt.