Der Putzplan

Man kennt das ja. Cornelia ißt Bernd den Joghurt weg, Peter klappt den Klodeckel nicht runter, Sigrun hat vermutlich noch nie die Spülmaschine ausgeräumt, Oliver trennt kein Altpapier, und Marion geht höchstens alle 14 Tage mal einkaufen und wenn, dann bringt sie nur Junkfood mit. Unhaltbare Zustände, die meistens böse Folgen haben: Kühlschränke werden in Zonen aufgeteilt, Haushaltsbücher angelegt und Putzpläne aufgestellt.

Die meisten Putzpläne basieren auf Rotationssystemen. Es sei denn, für die öffentlichen Zonen der Wohnung werden entsprechend der individuellen Putzneigung feste Verantwortlichkeiten benannt. Claudia macht dann den Flur und das Eßzimmer, Petra übernimmt die Küche und Christiane putzt das Bad. Geht auch, ist aber eher selten, weil sich nie jemand fürs Bad findet. Und besonders blöd wird es, wenn Christiane für sechs Wochen in den Urlaub an die Algarve fährt.

Normalerweise gibt es daher die Rotation. Entweder wochenweise für alle Tätigkeiten, wobei Claudia dann eine Woche lang mächtig Streß hat und sich zwei Wochen lang um nichts kümmern muß. Oder eben rotierend für bestimmte Aufgabenbereiche. Flur, Küche und Bad werden dann abwechselnd erledigt. Eine besondere Variante der Rotationsputzpläne sind die Stecksysteme. Wer den Müll runtergebracht hat, steckt die Pin-Nadel in seiner persönlichen Lieblingsfarbe zur nächsten fälligen Tätigkeit weiter und ist dann übermorgen mit dem Treppenhaus dran. Und so weiter. Das ist ganz schön ausgeklügelt und ziemlich praktisch für WGs, in denen es mehr Bewohner als Aufgabenbereiche gibt.

Das klingt fast so langweilig, wie es ist. Und klappen tut es auch nicht immer. Wie bei Thomas (30) und Hendrike (18), die mit einem weiteren Mann zusammen in einer WG in der Schöneberger Pallasstraße wohnten. Richtig: wohnten. Thomas: Hendrike hat nie geputzt und ständig telefoniert. Hendrike: Na und. Thomas zerrte Hendrike so lange durch den WG-Flur, bis attestierbare Würgemale an ihrem Hals zurückblieben. Das Amtsgericht Tiergarten: 1 000 Mark Strafe für Thomas. Hendrike ist gleich nach dem Zwischenfall ausgezogen. Klar, wer will schon mit einem putzwütigen Würger zusammenleben? Da kann man sich lieber ein paar Wollmäuse halten und ab und zu aufs Land fahren.

Jungle World wohnt übrigens auch in einer WG, auf einer Kreuzberger Fabriketage mit drei anderen Projekten zusammen. Das Leben hat hier seine rechte Ordnung: Jeder macht seinen eigenen Dreck weg, alles weitere regelt ein Putzplan. An den können wir uns aber meistens leider nicht halten, weil wir schließlich den ganzen Tag am Telefon hängen.