Der bargeldlose Asylbewerber

Berlin bleibt Spitze. Als erstes Bundesland wird in der Hauptstadt ab Juli die Sozialhilfe von Asylbewerbern über elektronische Chipkarten abgerechnet. Bei dem auf 2,60 Mark pro Tag reduzierten Satz läßt der integrierte Speicher jedoch jede Menge Platz für weitere Daten: Vom Fingerabdruck als Identifikationshinweis über eventuelle Krankheiten bis hin zum aktuellen Stand im Asylverfahren können knapp vierzig persönliche Erkennungsmerkmale auf dem integrierten Chip gespeichert werden, darunter Ort, Datum und Uhrzeit des letzten Einkaufs. "Es wäre die totale Kontrolle. Asylbewerber, die mit der Asyl-Card einkaufen würden, müßten sich sogar fragen lassen, warum sie wann wieviele Kondome gekauft haben", kommentierte Georg Classen, Flüchtlingsexperte bei der Kreuzberger Passionskirche gegenüber dem Freitag die Einführung des Kartensystems. Offen ist noch, ob auch Kriegsflüchtlinge in das Versorgungssystem einbezogen werden. Das Berliner Modell könnte als Testlauf für die in informellen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern diskutierte Asyl-Card dienen. Von Datenschützern als "inhuman" kritisiert, führen die sonst eher liberalen Niederlande vor, was Flüchtlingen demnächst auch hier blühen könnte. So sind Asylbewerber dort verpflichtet, sich bis zu viermal täglich an bestimmten Meldesäulen durch Auflegen des Fingers und Einführen der Asyl-Card zu identifizieren. Kommt der Flüchtling der Pflicht zweimal nicht nach, wird das Asylverfahren abgebrochen - aufenthaltsbeendende Maßnahmen können eingeleitet werden.