Alternative Lebensformen

BigMäcs für alle

Wenn man berühmt ist, hat man keine ruhige Minute mehr. Neulich, bei McDonald's auf der Schönhauser Allee - jetzt schnell noch eine Portion Pommes. Und wer ist auch da? Arnulf Priem, stadtbekannter Wedding-Nazi! Umringt von seinen Volksgenossen wie weiland Jesus von den Jüngern: Abendmahl, die Finger in der BigMäc-Soße. Der Boß mit Militärjacke und Hippiestirnband. Kein Zweifel, das ist der, vor dem alle Angst haben. Aber andersrum: Sein Bild war schon so oft in - linken - Zeitungen, daß er dem Leser solcher Publikationen schon fast wie ein alter Bekannter vorkommt. Also möchte man hingehen und einfach mal "Tag" sagen.

Doch halt - bestimmt hat der eine Kanone in der Tasche. Und wenn man bedenkt, zu welch drastischen Mitteln Prominenz heute so neigt: Da kriegt man bestimmt eine geballert. Der guckt auch irgendwie so.

Neugierig ist man schon. Ich hab ja alles über den im Antifa-Infoblatt gelesen. Aber ich kenn' den ja persönlich gar nicht. Und der mich auch nicht. Bestimmt wäre das eine komische Situation. Aber womit der seine Brötchen verdient, wäre schon interessant. Auf wessen Seite der im WM-Spiel Südkorea-Mexiko ist. Was der von Piercing hält. Und ob er "Roter Wedding" singen kann - also der NS-Rocker privat und so. Nee, deswegen rumkumpeln mit dem? Aber Spaß hat der. Jetzt kneift er gerade eine Blondine in die Hüfte, die kreischt und amüsiert sich. Vielleicht wird die aber auch dazu gezwungen; man weiß ja nie, wie das in solchen Kreisen zugeht. Bestimmt total autoritär.

Ganz klar: Herr Priem und seine Posse gehen gern zu McDonald's. Die finden das lecker, so wie die mampfen. Schnelle Politik erfordert schließlich schnelles Essen. Aber da drängen sich Fragen auf: Muß man sich als Arnulf Priem die Hamburger selber kaufen oder erledigt das der smarte Typ neben ihm? Und überhaupt: Hinter der Theke stehen Vietnamesen, Türkinnen, Nigerianer. Schmeckt das Essen dem Nazi-Führer da noch? Darf der das überhaupt essen?

Vor nicht allzu langer Zeit hat nebenan der Kinopalast Cinemaxx aufgemacht. Seitdem treiben sich ganz andere Leute in der Schönhauser rum als früher. Studenten, Frauen, Club-Hippies. Und tolle Kneipen sind da jetzt. Früher liefen da nur Glatzen auf.

Vielleicht liebt Priem dieses Publikum. Und war selber im Kino, wo es einen schönen Film gab, über den er herzlich gelacht hat. "Deep Impact" - da fällt den US-Imperialisten ein Komet auf den Kopf. "Titanic" - alle Engländer ertrinken. Oder Woody Allens "Deconstructing Harry", ein Streifen gespickt mit jüdischem Humor. Das Kino hat Arthur Brauner gebaut, der große Filmproduzent aus jüdischer Familie. Aber Kino und BigMäcs sind wohl für alle. Demnächst: Döner-Essen mit Jörg Schönbohm.