Lounès Matoub ermordet

Mit Protestkundgebungen in fast allen größeren Städten Algeriens reagierte die Bevölkerung auf die Ermordung des populären Sängers Matoub Lounès, des wohl prominentesten Exponenten der Kabylen, die in Algerien rund ein Drittel der Bevölkerung stellen. In der Stadt Tizi-Ouzou, dem kulturellen Zentrum der Kabylen (Berber), kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und der Polizei.

Bereits im Herbst 1994 war der Rai-Sänger von einem Kommando der terroristischen GIA (Bewaffnete Islamische Gruppen) entführt worden. Die Kabylische Kulturbewegung MCB drohte den Islamisten daraufhin mit "bewaffneten Aktionen", der Musiker wurde wieder freigelassen.

Der 1956 geborene Matoub, der sowohl die islamischen Extremisten als auch die Militärregierung kritisiert hatte, war am Donnerstag vergangener Woche an einer Straßensperre vor seinem Wohnort Beni-Douala ermordet worden. Die Tat, die offenbar von islamischen Fundamentalisten verübt wurde, könnte mit dazu beitragen, daß die kabylische Kulturbewegung, die bisher um politische Zurückhaltung bemüht war, um nicht zwischen die Fronten des Machtkampfes von Islamisten und Regierung zu geraten, ihre bisherige Linie verändert.

Die Proteste am vergangenen Wochende richteten sich zugleich gegen ein Gesetz der amtierenden Militärregierung, das am 5. Juli in Kraft treten soll. Das vor anderthalb Jahren verabschiedete Gesetz sieht die Arabisierung von Bildungssystem, Medien und Verwaltung vor. Diese Maßnahme wird vor allem von den Islamisten begrüßt, da die Sprache des Koran zur Pflichtsprache wird. Sie hat allerdings einen Haken: Die Schriftsprache Hocharabisch wird von niemandem mehr gesprochen.

Matoub wurde am vergangenen Sonntag unter der Anteilnahme Zehntausender in der Kabylei beigesetzt. Zur gleichen Zeit versammelten sich an der Place de la République in Paris etwa 5 000 Menschen, um unter der Parole "Gegen die Gewalt der islamischen Fundamentalisten und die der algerischen Machthaber" Matoubs zu gedenken.