Alien beim Ostermarsch

Die pazifistische Versaion des Monsters im Comic Monsters im Comic "Aliens. Stronghold"

Seit 1979 hält das von dem Schweizer H.R. Giger geschaffene "Alien" Platz eins auf der Bestenliste des Horrors. Es ist wahrlich ein xenomorphes Faszinosum, das eigentlich nur chemisch gestützten Wahnvorstellungen entsprungen sein kann - wen wundert's, sein Schöpfer saß als Apothekersohn an der Quelle solch pharmazeutischer Wundermittel. Sein knuffiges Tier krabbelte bisher in vier Filmen durch Ströme von Kunstblut, zuletzt im November 1997, als "Alien 4" in die Kinos kam. Der erste und bisher beste Film enstand unter Mithilfe des französischen Comicautors Moebius.

Es ist nur konsequent, daß sich seit Erscheinen des ersten Filmes auch die achte Kunst der Alien-Thematik mehrfach angenommen hat. Diverse Heroen bekämpften den nach Elektroautos und Lochkäse wichtigsten Schweizer Exportartikel, Superman und Batman wurden von doppelten Kiefern und säurehaltigem Blut bedroht, der Predator, ein Kollege aus der Filmbranche, metzelte gleich zweimal, ganz abgesehen von diversen Epen, in denen niemand dem Alien die Hauptrolle streitig machte und es ganz allein oder im Rudel mit vielen freundlichen Artgenossen von Flammenwerfer-bewehrten Muskelpaketen gemeuchelt wurde, die - Gleichberechtigung auch bei Helden - wahlweise als weibliche Variante in sehr knappen Suits ausgesprochen feminine Formen zeigen durften, natürlich ebenfalls mit übelster Bewaffnung ausgerüstet.

Auf die Dauer scheint dies aber langweilig geworden zu sein, die letzte Produktion "Aliens. Stronghold" hat sich ganz der Postmoderne verschrieben und erscheint als gelungene Frankensteinadaption. Das Autorenteam, John Arcudi und Doug Mahnke, hat sich bisher schon durch die Erfindung von "The Mask" einen Namen gemacht, die filmische Version wurde leider entschärft und durch den unsäglichen Jim Carrey auf FSK 12 herabgestuft.

"Aliens. Stronghold" ist eine hervorragende Mischung aus Krimi, Komödie und traditionellem Alienabschlachten und erzählt die Geschichte des Ehepaares Strunk, das in geheimem Auftrag das in den unendlichen Weiten fernab liegende Genlabor des Doctor Caspar Nordling besucht, um gewisse Unregelmäßigkeiten zu untersuchen. Als sie angekommen sind, hat der eigentliche Star der Geschichte seinen Auftritt: Jeri, ein gentechnisch hergestelltes Alien, das sich dadurch auszeichnet, daß es eben nicht mordlüstern ist, sondern Zigarren raucht und bei Tisch äußerst anmutig den Rotwein serviert. Es ist ausgesprochen höflich und ein wenig sensibel. Nur zu dem laboreigenen Killerroboter Dean hat es ein leicht gespanntes Verhältnis, denn dieser ist auf die Beseitigung von Aliens spezialisiert.

Es sind die kleinen Geschichten am Rande, die den Charme dieses Comics ausmachen. Wenn z.B. Jeri im Aliennest Replikantenarme einsammelt und, einen Arm noch in der Kralle haltend, der schockierten Miss Strunk hilft, sich am Computer zurechtzufinden, ist das schon bezaubernd.

Auch der zeichnerische Stil ist zu loben, die Figuren sind weniger "fett" als in der amerikanischen Schule üblich, wo jeder Muskelstrang sich unter enganliegenden Blusen abzeichnet und die Bewegungen statisch aufs Papier gebracht sind. Mahnke und Arcudi bedienen sich filmischer Erzähltechniken, es gibt Kamerafahrten, ein Exposé, Schnitte und Umschnitte. Die von Jimmy Palmiotti getroffene Farbwahl ist für eine amerikanische Produktion zwar ungewöhnlich; viel Pastelliges unterstützt jedoch die Finesse der für ein Alien-Comic fast schon pazifistisch zu nennenden Story.

Arcudi, Mahnke, Palmiotti: Aliens. Stronghold. Titan Books, London 1998, 112 S., £ 10.99, ca. DM 33