Ein bißchen Mietfrey

Mieter von Freys Häusern wollen mit ihrem Geld nicht die DVU unterstützen

"Wir sind MieterInnen in einem Haus, das im letzten Jahr an einen Privateigentümer verkauft wurde. Das ist an sich schon nicht besonders erfreulich, im konkreten Fall ganz und gar nicht. Der neue Eigentümer heißt Gerhard Frey, Multimillionär und Vorsitzender der DVU." So beginnt der Aufruf zum Mietboykott einer vor zwei Wochen in Berlin gegründeten Initiative "MieterInnen gegen die DVU".

In der Initiative haben sich MieterInnen aus mehreren Häusern zusammengefunden, die sich entweder im Besitz von Gerhard Frey oder seiner Ehefrau Regine befinden. Der rechte Multimillionär ist nach Informationen der Initiative und des Berliner Mietervereins Eigentümer von zwei Häusern in München und rund 30 Häusern in Berlin. Die Mehrzahl der Häuser befindet sich in den Westberliner Bezirken Charlottenburg, Wilmersdorf, Moabit und vor allem in Neukölln. Darüber hinaus hat Frey seit 1990 auch ein Haus in Berlin-Mitte und mehrere Immobilien im Prenzlauer Berg gekauft. Überwiegend handelt es sich bei den Objekten um alte Mietshäuser, die bisher noch nicht saniert wurden. Unter den mehreren hundert MieterInnen befinden sich viele MigrantInnen.

Die Initiative schätzt, daß Frey allein durch seinen Berliner Immobilienbesitz jährlich rund fünf Millionen Mark an Mieteinnahmen für sein Neonazipresse- und Parteiimperium verdient. Angesichts des Wahlerfolges der DVU in Sachsen-Anhalt und der bevorstehenden Bundestagswahl "befinden wir uns als MieterInnen in der unerträglichen Situation, mit unserem Geld direkt eine Politik zu unterstützen, die ein friedliches und tolerantes Miteinander im Haus wie auch in der Gesellschaft zerstören oder gar nicht erst aufkommen lassen will", begründet die Initiative ihren Boykott-Aufruf. "Wir sind auch in der Lage, gegen die DVU mehr zu tun, als sie einfach nicht zu wählen." Konkret bedeutet das: Alle diejenigen MieterInnen, die sich der Initiative anschließen, mindern ihre Miete bis zur Bundestagswahl um 30 Prozent, den Betrag, der nach Einschätzung der Initiative an die DVU geht.

"Bisher haben wir eine Menge positive Resonanz auf unseren Aufruf erhalten", freut sich ein Sprecher der Initiative gegenüber Jungle World. Genaue Zahlen will er jedoch aus Vorsichtsgründen nicht nennen. Kurz nachdem mehrere Berliner Tageszeitungen über die Initiative berichtet hatten, meldete sich in der vergangenen Woche auch prompt Freys Berliner Rechtsanwalt Klaus Eggert schriftlich bei den MietboykotteurInnen. "Freys Anwalt hat im Prinzip einen Formbrief geschrieben, in dem er mitteilt, daß Frey die Mietminderung nicht akzeptiert. Außerdem droht er damit, von seinem Recht auf Kündigung Gebrauch zu machen, wenn die MieterInnen zwei volle Monatsmieten mit ihren Zahlungen im Rückstand sind", so der Sprecher der Initiative.

Juristisch begründet die Initiative ihre Mietminderung damit, daß Mieter mit ihren monatlichen Zahlungen "indirekt die rechtsradikale Partei DVU unterstützen". Damit seien sie "sowohl in der öffentlichen Meinung als auch im Bekanntenkreis erheblichem Druck ausgesetzt", erläutert ein bekannter Berliner MieterInnenanwalt, der die Initiative juristisch beraten hat, die Minderungsgrundlage. "Darüber hinaus besteht die Angst, daß die Häuser zu Angriffszielen von politischen Gegnern werden."

Noch gibt es in der Mietrechtsprechung keine Präzedenzurteile für derlei Minderungsgründe. Daher rät die Initiative denjenigen, die sich dem Boykott anschließen, den geminderten Mietanteil auf ein Sperrkonto zu zahlen, da sie nach der Bundestagswahl höchstwahrscheinlich nachzahlen müssen. Der Rechtsanwalt der Initiative will aber auf jeden Fall vorher ein Gerichtsurteil herbeiführen. Anfang der neunziger Jahre hatte der Berliner Mieterverein schon einmal zu Aktivitäten gegen die Immobiliengeschäfte des Rechtsextremisten Frey mobilisiert - mit wenig Erfolg allerdings. Dementsprechend bescheiden sind auch die Ziele der neuen Initiative: "Für uns geht es in erster Linie darum, Zivilcourage zu zeigen", erklärt der Sprecher.

Kontakt: Tel.: 030/216 46 96; im Internet: http://home.ipn.de/~mietfrey