Hungerstreik und »kriminelle Seilschaften«

Der Hungerstreik der französischen Sans-papiers, Immigranten ohne Aufenthaltspapiere, ging am Montag in die fünfte Woche. Die Immigranten türkischer, algerischer und chinesischer Nationalität protestieren gegen ihre drohende Ausweisung, nachdem sie durch die "Legalisierungs"-Operation der Linksregierung keine Aufenthaltserlaubnis erhalten hatten. Verhandlungen der Hungerstreikenden mit der Regierung Lionel Jospins waren am 6. Juli gescheitert, weil der Premier im Fernsehen "kriminelle Seilschaften der Schwarzarbeit" hinter den Sans-papiers vermutet und deren Unterstützer aufforderte, "nicht mit der Gesundheit der Leute zu spielen". Dabei nannte er beispielsweise den Anthropologen Emmanuel Terray, der sich selbst seit vier Wochen im Hungerstreik befindet. Mehrere prominente Intellektuelle haben sich mit den Sans-papiers solidarisiert. Ein Schreiben von Innenminister Chevènement an die Hungerstreikenden ähnelt in weiten Passagen dem seines konservativen Amtsvorgängers Debré an hungerstreikende Immigranten in der Pariser Kirche Saint Bernard vor zwei Jahren. Eine polizeiliche Räumung, ähnlich der von Saint Bernard, wird derzeit nicht ausgeschlossen.