Bujar Bukoshi, Premier der Kosovo-Albaner

»Wir schicken nur Geld«

Amerikanische Geheimdienstquellen bezeichnen Sie als Unterstützer der UCK. Sehen Sie das als Kompliment oder als Beleidigung? Eher als ein Kompliment. Das ist mein legaler Job: Meine Regierung betrachtet die UCK als eine Realität, als Reaktion auf die serbischen Provokationen, als Ausübung des Widerstandsrechts gegen eine unrechtmäßige Staatsgewalt.

Unterstützt Ihre Regierung auch die UCK?

Meine Regierung unterstützt unsere Republik Kosova. Es geht um unser Überleben. Unser "Fonds der Republik Kosova" schickt Geld, um zu helfen.

Auch an die UCK?

Nein, an die UCK nicht, meine Regierung kauft keine Waffen, wir schicken Geld.

Nach der FAZ haben Sie bei einer Veranstaltung in Tirana auf die Frage, welche Mittel Sie gegen die Serben unterstützten, zweimal geantwortet: "Alle Mittel."

Ich erinnere mich nicht, daß ich von militärischen Mitteln gesprochen habe, denn ich bin kein Militär, sondern ein Ministerpräsident. Ich habe gesagt, und das sage ich noch heute: Meine Regierung wird alles tun, damit wir uns verteidigen können, weil wir es jetzt mit einer klassischen Aggression zu tun haben.

Die Steuereinnahmen, die Ihre Regierung von Kosovo-Albanern in Deutschland erhebt, sollen sich jährlich auf zehn Millionen Mark belaufen.

Von Steuereinnahmen würde ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Für unseren Fonds werden Spenden auf freiwilliger Basis gesammelt, und zwar in Höhe von drei Prozent des jeweiligen Einkommens. Die Leute machen das gerne, die Spenden sind Ausdruck des starken Solidaritätsgefühls der Albaner, das es schon immer gab, das aber jetzt, wo es den Brüdern und Schwestern in Kosova sehr schlecht geht, noch größer geworden ist.

Die Bundesregierung ist von der Freiwilligkeit bei dieser Geldsammlung offensichtlich nicht überzeugt. Jedenfalls hat Außenamtssprecher Erdmann dem "Präsidenten" der Kosovo-Albaner, Herrn Rugova, dazu einige kritische Fragen gestellt.

Wir agieren absolut transparent: Wir sind offiziell registriert, unsere Gelder laufen über Banken, und das Finanzamt hat uns mehrfach überprüft. Außerdem sind wir uns bewußt, daß wir die Gesetze beachten müssen.

In der Balkan-Kontaktgruppe sieht man das anders. Auf ihrem letzten Treffen hat sie beschlossen, alle Staaten aufzufordern, die Sammlung von Geld für den Kosovo-Untergrundkampf zu unterbinden.

Die Kontaktgruppe beginnt langsam, ihren Kontakt mit der Realität in Kosova zu verlieren. Wenn eine solche Empfehlung so leichtfertig gegeben wird, muß das doch begründet werden. Was unseren Fonds angeht: Wir sammeln seit über sechs Jahren auf freiwilliger Basis Geld. Wir schicken es nach Kosova, um den Überlebenskampf zu unterstützen. Mit anderen Worten: Wenn es diesen Fonds nicht gäbe, müßten die europäischen Länder mit der zwei- bis dreifachen Zahl von Asylbewerbern aus Kosova rechnen, und die Bundesrepublik ist davon bekanntlich am meisten betroffen.

Es gibt noch einen zweiten Fonds in der Bundesrepublik, für den Sie nicht verantwortlich sind, der ganz offen Gelder für den bewaffneten Kampf im Kosovo sammelt, und zwar den der "Demokratischen Vereinigung der Albaner in Deutschland".

Für diese Sammlung trage ich keine Verantwortung.

In Serbien hat sich ein neues Oppositionsbündnis gegründet, die "Allianz für den Wechsel". Angeführt wird es von Zoran Djindjic von der Demokratischen Partei und dem neuen montenegrinischen Ministerpräsidenten Djukanovic. Wäre das nicht ein Ansprechpartner für Sie?

Bisher ist das nur eine PR-Aktivität. Leider gibt es bisher in Serbien keine Opposition, die diesen Namen verdient. Der erste Test für eine Demokratisierung Serbiens wäre, daß Serbien Kosova die Unabhängigkeit gewährt.

Der kosovo-albanische Oppositionspolitiker Vllasi beteiligt sich jetzt schon an der "Allianz für den Wechsel". Müssen nicht die Vernünftigen beider Seiten zusammenfinden?

Ich würde nicht zwischen vernünftigen und unvernünftigen Serben unterscheiden, auch nicht umgekehrt zwischen vernünftigen und unvernünftigen Albanern. Die Serben sind die Serben, und die Albaner sind die Albaner. Im übrigen finde ich nichts Schlimmes daran, daß es solche bilateralen Aktivitäten gibt. Aber bei meinen Landsleuten gibt es ein hohes Maß an Übereinstimmung, daß wir die Unabhängigkeit wünschen, und das wird auch Vllasi jederzeit sagen.

Bujar Bukoshi residiert in Bonn