Männer im Umbruch

Kino statt Männergruppe? Eine britische Beziehungskomödie empfiehlt jungen Männern in der Lebenskrise Romantik im Britpop-Style

Gibt es eigentlich eine psychologische Theorie über Männer in den Endzwanzigern? Dann setze man bitte schleunigst die Macher von "Martha trifft Frank, Daniel und Laurence" davon in Kenntnis. Die sorgen sich nämlich um Jünglinge in diesem sensiblen Alter und erinnern sich mit gemischten Gefühlen an die Zeit, als sie selbst in der Umbruchphase steckten. Heute haben sie gut reden: Aus Peter Morgan ist ein solider Drehbuchschreiber geworden, und Nick Hamm arbeitet schon lange als Theater- und Filmregisseur (u.a. für die Londoner Royal Shakespeare Company). Für ihr Filmpersonal, Frank, Daniel und Laurence, kommt allerdings jede Aufklärung zu spät. Die müssen jetzt die persönlichen Erfahrungen des Autors Abend für Abend ausbaden. Und das auch noch - da "Martha ..." mangels Alternativen zweifelsfrei zum Spätsommerhit avancieren wird - monatelang. Nimmt man die Titelboys als Maßstab, dann scheinen die "late Twenties" das richtige Mannesalter zu sein, um mit der ersten Therapie zu beginnen oder in die Männergruppe einzutreten. Eigentlich benehmen sich die drei eher wie Pubertierende, die nichts mit sich anzufangen wissen, und reagieren auf ihre Unzufriedenheit entweder mit kindischen Eifersüchteleien oder totaler Passivität: Frank (Rufus Sewell), der gerne Schauspieler sein würde, aber beim Vorsprechen versagt, hat sich eine zynische Lebenshaltung zurechtgelegt und erzählt gern, daß er früher einmal Kinderstar war: Immer wenn seine alten Filme mal wieder im Fernsehen laufen, kriegt er einen Haufen Liebesbriefe - von sechsjährigen Mädchen. Frank wäre gern wie sein Jugendfreund Daniel (Tom Hollander): ein Snob aus der Musikbranche, der die Frauen wie seine Designerklamotten wechselt - aber dabei auch nicht glücklich ist. Und Laurence (Joseph Fiennes), der gutmütige Gelegenheitsjobber, der alten Damen Bridge beibringt, hat alle Hände voll zu tun, die Rivalitäten zwischen seinen draufgängerischen Freunden Daniel und Frank zu schlichten. Alle drei verlieben sich in dieselbe Frau (Monica Potter als Martha), und daß ausgerechnet der entscheidungsunfähige Laurence, der im einfachen Schema dieser Verwechslungskomödie die Rolle des unscheinbaren Aschenputtels spielt, am Ende der Glückspilz sein darf, ist allein Marthas Entschlußkraft zu verdanken.

Laurence selbst fällt, als die Turbulenzen im Konflikt zwischen Freundschaft und Liebe ihren Höhepunkt erreicht haben, nämlich nichts Besseres ein, als mitten in der Nacht einen Psychiater in Anspruch zu nehmen. Seine Rekapitulation des vertrackten Falls gibt der Geschichte ihren Rahmen, und in dieser Erzählweise liegt auch der Reiz des Films.

Denn Laurence berichtet, seinem Naturell entsprechend, die Geschehnisse nicht nur aus seiner Sicht, sondern auch aus der seiner Freunde, und auch wenn wir die nichtlineare Erzähltechnik in letzter Zeit vor allem bei Quentin Tarantino immer wieder verfolgen durften, klappt's auch hier: Der Zuschauer muß auf das Spiel hereinfallen und wird gezwungen, seine voreiligen Schlüsse im Laufe der Handlung zu revidieren.

Abgesehen vom formalen Arrangement hält sich "Martha ..." allerdings streng ans klassische Schema der romantischen Komödie, das mit modischem Outfit und einem hippen Britpop-Soundtrack (von Dusty Springfields eingängigem "I Only Want to Be With You" bis zum künftig obligatorischen Engtanzfeten-Wunschtitel "Fall In Love With Me" von Booth & The Bad Angel und zwischendurch einer kurzen Drum'n'Bass-Abkühlung durch Roni Size) zur modernen Großstadt-Lovestory aufpoliert werden soll, sich aber im unironischen Happy End nicht mehr von den verpönten amerikanischen Feel-good-Movies unterscheidet, von denen sich Regisseur Hamm absetzen will.

"Martha trifft Frank, Daniel und Laurence". GB 1998, R: Nick Hamm. D: Monica Potter, Joseph Fiennes, Rufus Sewell, Tom Hollander. Start: 6. August