Ökologisches Produzieren

Die Ökosteuern schaffen eine neue Wirtschaftspolitik.

Langfristig kann eine Industriegesellschaft nur überleben, wenn die Lebens- und Produktionsgrundlagen erhalten und gepflegt werden. Wirtschaftswachstum im herkömmlichen Sinn kann deshalb nicht länger ein gesellschaftspolitisches Ziel sein. Die Belastungsgrenzen der Natur zeigen uns zum Beispiel warnend die Klimaforscher. Um dem Treibhauseffekt wirksam entgegenzutreten, müssen wir unsere CO2-Emissionen um 30 Prozent bis zum Jahre 2005 und um 80 Prozent bis 2050 senken. In den letzten 20 Jahren hat die Energieproduktivität in Deutschland demgegenüber lediglich um 20 Prozent zugenommen. Gleichzeitig stehen wir mit sechs Millionen Arbeitslosen vor einem weiteren schier unlösbaren Problem. Beiden Herausforderungen hat die Politik sich bisher nicht adäquat gestellt. Immer noch wird auf überholte angebotsorientierte Wirtschaftskonzepte gesetzt, die nicht zur Lösung beitragen können, weil sie die Probleme verursacht haben. Es sind die derzeitigen Rahmenbedingungen, wie die Kostensituation in den Unternehmen und Privathaushalten, die z.B. Investitionen in Energiespartechnik oder neue Energieträger wie den Solarbereich unrentabel machen und teilweise auch komplizierte gesetzliche Vorschriften, die Innovationen behindern.

Klar ist: Wir brauchen auch weiterhin eine Umweltschutzgesetzgebung zur Vorsorge und Gefahrenabwehr. Allerdings ist das in den letzten 20 Jahren gewachsene Umweltrecht kaum noch für Eingeweihte durchschaubar. Ergänzend brauchen wir deswegen eine Umweltpolitik, die die unternehmerische Kreativität und Dynamik des Marktes nutzt. Umweltfreundliches Produzieren wird wegen falscher Preissignale immer noch nicht belohnt. Im Gegenteil: Wer schadstoff- und rohstoffintensiv wirtschaftet, erlangt Kosten- und damit Wettbewerbsvorteile gegenüber umweltfreundlicher und deswegen teurer produzierenden Betrieben. Naturbelastung und -ausbeutung ist nach wie vor so gut wie kostenlos und die Allgemeinheit kommt für die Umweltschäden auf, die inzwischen je nach Berechnungsmethode zwischen rund 120 bis 400 Milliarden Mark jährlich liegen.

Marktwirtschaftliche Instrumente, insbesondere Umweltsteuern, bergen ein unausgeschöpftes Lenkungspotential in sich, wie sich z.B. an einer Energiesteuer zeigen läßt. Die Umweltverbände schlagen daher vor, mit einer Energiesteuer den Umweltverbrauch zu verteuern. Öl, Gas und Kohle werden eingespart und der CO2-Ausstoß reduziert. Gleichzeitig sollen die hohen Lohnnebenkosten reduziert werden. Dies erhält Arbeitsplätze und schafft neue Stellen, denn die Mehreinnahmen werden zur Senkung der Lohnnebenkosten, z.B. der Rentenversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer und -geber, verwendet.

Konkret setzen wir uns für eine sanft ansteigende Primärenergiesteuer von sieben Prozent jährlich ein, d.h. eine Erhöhung des Benzinpreises jährlich um 30 Pfennig bis auf 4,60 Mark in zehn Jahren sowie eine Umwandlung der Kilometer- in eine Entfernungspauschale. Die langsam über zehn Jahre ansteigende Energiesteuer bietet den Verbrauchern und Unternehmen einerseits deutliche Anreize zum Energiesparen und andererseits ausreichende Umstellungszeit und Planungssicherheit. So können viele zum Gewinner dieser Reform werden. Zweifellos gibt es auch Verlierer wie Geringverdiener, Rentner, Studenten oder energieintensive Unternehmen. In diesen Fällen bedarf es eines sozialen Ausgleichs oder Übergangsregelungen für Betriebe.

Kurzgefaßt bietet eine ökologische Steuerreform folgende Vorteile: Eine lebenswerte Umwelt, die begrenzten Ressourcen werden geschont, damit unsere Erde auch für künftige Generationen lebenswert bleibt. Mehr Gerechtigkeit und globale Verantwortung - das Verursacherprinzip setzt sich durch. Wer durch Produktion oder Konsum die Umwelt belastet, muß dafür bezahlen. Ein reduzierter Umweltverbrauch im Norden gibt dem Süden mehr Entwicklungsspielraum. Die Senkung der Lohnnebenkosten verbilligt Arbeit, dies fördert und sichert Arbeitsplätze. Höhere Energiepreise beflügeln die Ingenieurskunst. Viele neue material- und energiesparende Produkte und Verfahren entstehen. Aber auch neue zukunftsweisende Angebote wie Mobilitätszentralen, Tauschringe und Leasingsysteme. Die positiven Erfahrungen mit einer ökologischen Steuerreform, die z.B. die Niederlande, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland und jüngst auch Österreich und die Schweiz gemacht haben, belegen die Realtitätstauglichkeit dieses Reformkonzeptes. Gleichwohl ist die ökologische Steuerreform kein Allheilmittel, sie muß von weiteren Instrumenten begleitet werden, um weitergehende soziale und wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen.

Der Autor ist Leiter der Kampagne zur ökologischen Steuerreform des Deutschen Naturschutzrings (DNR).