Kosovo ohne Brebeck und Rathfelder

Kunstgriffe der Branche

Darf man das? Sollte man das dürfen wollen? Sich freuen, als einer, dem staatliches Treiben stets Unbehagen, Ekel und bestenfalls Herablassung abnötigt? Sich freuen über staatliche Willkür, über Ausweisung und Einreiseverbot?

Darf man eigentlich nicht. Sollte man eigentlich auch nicht dürfen wollen, selbst wenn Außenminister Klaus Kinkel einen staatlichen Protest gegen die "Bedrohung der Pressefreiheit" in die Nachrichtenkanäle schickt. Oder meint da jemand, Wollen und Sollen habe auch etwas mit den Adressaten von staatlicher Willkür zu tun?

Ende letzter Woche wurden Friedhelm Brebeck und sein ARD-Aufnahmeteam von jugoslawischen Offiziellen an die mazedonische Grenze geleitet und aus dem Kosovo in ein "sicheres Drittland" abgeschoben. Für echte Kosovaren kein ungewöhnliches Schicksal, allerdings werden die meist aus Deutschland in ein "sicheres Drittland" - wenn nicht gleich in die "Heimat" - abgeschoben. Doch die deutschen Wahl-Kosovaren hatten in Jugoslawien weder Asyl noch Sozialhilfe bantragt. Sie waren lediglich serbischen Greueltaten auf der Spur.

Brebeck und seinen Leuten wird vorgeworfen, sie hätten ein Haus anzünden lassen, um das flammende Inferno im deutschen Fernsehen als Dokument "ethnischer Säuberungen" durch die Serben zu vermarkten. Jedenfalls beinhaltet der Vorwurf eine Verletzung der Prinzipien sogenannter journalistischer Ethik. Und dafür sind deutsche Kriegsberichterstatter nicht zu haben. Oder?

Als vor zwei Jahren Michael Born als Sündenbock nicht nur in die mediale Wüste, sondern gleich ins Gefängnis geschickt wurde, ging eine Welle von Geständniszwang durch die deutsche Medienlandschaft. Daß derartige "branchenüblichen Kunstgriffe" (Süddeutsche Zeitung) vielfach gang und gäbe sind, wollte niemand abstreiten. Schuld waren die üblichen Verdächtigen - Streß bei der Arbeit, Sensationsgier des Publikums und vor allem die privaten "Schmuddelkanäle".

In den Hintergrund geriet, daß Born nicht nur Private, sondern auch die ARD beliefert hatte, und übergangen wurde der politische Nutzen mancher Fakes: Wenn z.B. die von Born gefilmten Ku-Klux-Klan-Umtriebe in der deutschen Provinz nicht aufgeflogen wären, hätte auch ein Teil des heimischen Rassismus als weniger deutsch denn als US-Import verkauft werden können.

Der politische Nutzen der Brebeckschen Reportagen lag stets auf der Hand. Was immer auch auf den TV-Bildern zu sehen war, die knarzige Stimme des ARD-Mannes verkündete jahrelang nichts anderes als die jedem guten Deutschen selbstverständlich geläufige Wahrheit über die Serben und das "Versagen" der internationalen Gemeinschaft. Brebecks Produkte waren oft genug Aufforderungen zur Intervention, Ermunterungen zu friedensstiftendem Mord und Totschlag auf dem Balkan.

Noch offener arbeitete der taz-Reporter Erich Rathfelder auf jugoslawischem Boden für die Zerstörung Jugoslawiens (vgl. Jungle World, Nr. 33/98). Das gegen ihn ebenfalls letzte Woche verhängte Einreiseverbot offenbarte geradezu Langmut.

Leute wie Brebeck und Rathfelder sind nicht nur Wünschelrutengänger für zukünftige deutsche Interventionen auf dem Balkan. Ihre Publizistik trägt auch dazu bei, daß die Welt noch ein wenig mieser wird, als sie ohnehin schon ist.