Allerlei Allianzen

Mit einem Zehn-Punkte-Plan will Südafrika im Kongo vermitteln. Doch Kabila und seine Verbündeten wollen davon nichts wissen

Südafrika hatte geladen, aber die entscheidenden Gäste waren gar nicht erst erschienen: An einem Treffen zur Lösung des Kongo-Konfliktes am Wochenende in Pretoria nahmen weder Laurent Kabila, Präsident der Demokratischen Republik Kongo, noch Zimbabwes Staatschef Robert Mugabe teil.

Am Samstag wollten nur die Staatschefs aus Ruanda und Uganda, Pasteur Bizimungu und Yoweri Museveni, mit Gastgeber Nelson Mandela über einen Zehn-Punkte-Plan konferieren. Ein Abgesandter Kabilas, Justizminister Mwenze Kongolo, erschien erst am späten Samstagabend. In dem Zehn-Punkte-Plan wird ein sofortiger Waffenstillstand und eine Konferenz für Verhandlungen vorgeschlagen. Auch wird die Kabila-Regierung als rechtmäßig anerkannt.

Kabila und Mugabe demonstrierten mit ihrem Fernbleiben erneut die scharfe Spaltung der Regionalorganisation des südlichen Afrika (SADC) in Kabila-Unterstützer und Kabila-Gegner. Indes nimmt mit dem gleichzeitigen militärischen Eingreifen Angolas die Verwicklung der beiden Lager der Regionalstaaten in den Krieg im Kongo zu. Kabila wirft Südafrika vor, auf der Seite von Uganda und Ruanda zu stehen. Süd-afrika ist der größte Waffenlieferant der beiden ostafrikanischen Staaten.

Kabilas De-facto-Verbündeter Mugabe versuchte in der vergangenen Woche zudem, in der SADC Unterstützung für Kabila zu mobilisieren. Er berief den Ausschuß für Sicherheitsfragen, dessen Vorsitzender er zur Zeit ist, nach Harare und ließ nach dem Treffen seinen Verteidigungminister verkünden, die SADC habe einstimmig eine militärische Unterstützung Kabilas beschlossen. Der Kongo sei "Opfer einer Aggression von außen" geworden, und - davon sei sein Land überzeugt - die Rebellion im Kongo werde von Ruanda und Uganda gefördert.

Nelson Mandela widersprach jedoch postwendend. Nach wie vor trete er für eine friedliche Lösung des Konfliktes ein. Südafrika hatte zu dem SADC-Treffen nur einen untergeordneten politischen Vertreter entsandt - gleichzeitig jedoch den Außen- und den Verteidigungsminister zu einem Besuch nach Uganda und Ruanda geschickt. Es wird angenommen, daß Botswana auf der Seite von Südafrika steht, während Namibia, das nach Zeitungsberichten schon Waffen in die kongolesische Hauptstadt Kinshasa geschickt hat, nach einem Besuch seines Präsidenten Sam Nujoma in Südafrika seine Position revidiert hat.

Doch entscheidend in dem Konflikt scheint die Rolle Angolas zu sein. Das Land verfügt über die notwendigen logistischen Möglichkeiten für einen schnellen Truppentransport, und seine Soldaten haben beim Vormarsch Kabilas im Westen des Kongo und zuletzt im Nachbarland Kongo-Brazzaville eine entscheidende Rolle gespielt.

Nachdem ersten Berichten zufolge am Freitag ein simbabwisches Truppenkontingent in Kinshasa angekommen ist, scheinen angolanische Soldaten und Panzer nur wenig später im äußersten Westen die Grenze der angolanischen Enklave Cabinda zum Kongo überquert zu haben, um Kabila zu unterstützen. Nach eigenen Angaben haben sie bis zum Sonntag bereits einige militärische Stellungen der Rebellen durchbrochen und den Militärstützpunkt Kitona zurückerobert.

Die Allianz Simbabwes mit den Truppen Kabilas dürfte vor allem von zwei Faktoren bestimmt sein. Zum einen hat sich Kabila, nachdem er sich es mit dem Westen vordorben hatte (Jungle World, Nr. 33/98) und die erhoffte Hilfe von dort ausblieb, Nord-Korea, China, Kuba und Libyen angenähert - alles alte Freunde von Mugabe. Zum anderen zeigen sich einige Staatschefs Zentral- und Südafrikas zunehmend irritiert über den wachsenden Einfluß Ruandas und Ugandas in der Region. So warnte die simbabwische Regierungszeitung The Herald kürzlich vor einem "entstehenden Tutsi-Reich in der Region der großen Seen".

Da auch Frankreich und seinen frankophonen Vasallen in West- und Zentralafrika die Politik des Duos Uganda und Ruanda ein Dorn im Auge ist, zeichnet sich die beunruhigende Möglichkeit einer "Bantu-Connection" und die Teilung des Kontinents in zwei feindliche Lager ab, die sich in einem weitflächigen Krieg im Kongo gegenüberstehen könnten.

Dies wissen auch die kongolesischen Rebellen, die trotz weiterer Gebietsgewinne - nach Agenturberichten sollen sie nur noch wenige Kilometer vor Kinshasa stehen - auf die Interventionen Simbabwes und Angolas vorsichtig reagierten und zum ersten Mal Verhandlungen mit Kabila anboten. Der ruandische Botschafter in Johannesburg kündigte jedoch an: "Jede Armee, die interveniert, um diesem Gentleman (Kabila) zu helfen, könnte auf militärischen Widerstand Ruandas treffen."

Die Rebellen stellten in der vergangenen Woche außerdem die Führungsstruktur ihrer Organisation, der "Kongolesischen Sammlungsbewegung für die Demokratie" (RCD), vor. Sie besteht aus einer inhomogenen und wohl fragilen Mischung von Vertretern der kongolesischen Tutsi, Anhängern des kongolesischen Ex-Diktators Mobutu, Dissidenten des einsigen Pro-Kabila-Bündnisses AFDL und anderen politischen Oppositionellen, die erst gegen Mobutu und dann gegen Kabila eingestellt waren. Allen gemeinsam ist kaum mehr, als die Feindschaft gegen den Staatschef. RCD-Präsident wurde Ernest Wamba dia Wamba, ein im Kongo recht unbekannter Akademiker, der seit 1965 im Exil in Tansania lebte und an der Universität von Daressalam unterrichtete.

Mit Arthur Z'Ahidi Ngoma und Joseph Olenghankoy sind zwei Parteichefs der sogenannten radikalen Opposition angeschlossen. Ngoma kehrte Anfang der neunziger Jahre von einer Stelle bei der Unesco in Paris aus dem Exil zurück und engagierte sich in der Opposition gegen Mobutu. Olenghankoy ist im Kongo bekannt, weil er sich sowohl gegen Mobutu als auch gegen Kabila ausgesprochen hat. Populär wurden beide, die eigentlich unbedeutenden Parteien vorstehen, durch ihre Verhaftung im November 1997: Sie hatten gegen das von Kabila ausgesprochene Parteienverbot verstoßen. Nach dem Tribunal vor einem Militärgericht wurden sie allerdings aus gesundheitlichen Gründen wieder freigelassen.

Sogar zwei Mobutisten, Tambwe Alexis Mwamba und Lunda Bululu, sind in der Führungsriege der RCD. Der eine hatte mehrere Ministerposten unter Mobutu inne, schloß sich jedoch später der Oppostion an. Der andere war Premierminister in der ersten Übergangsregierung Mobutus 1991. Bizima Karaha und Deo Bugera, die als Vertreter der kongolesischen Tutsi Außenminister und AFDL-Generalsekretär in der Regierung Kabilas waren, runden das RCD-Ensemble ab.

Die militärische Führung hat offenbar der Chef-Stratege und ehemalige Generalstabschef Kabilas, James Kabare, übernommen. Kabare behauptet, er stamme aus dem Kivu, nach anderen Berichten ist er jedoch ein in Uganda aufgewachsener Ruander. Kabare wurde im Juli im Zuge der Entlassung "der Ruander" von Kabila als Armeechef gefeuert und zu seinem militärischen Berater degradiert.

Auch scheinen die militärischen und zivilen Führungspersonen in den östlich gelegenen Kivu-Regionen - der Hochburg der Tutsi im Kongo, wo sie in der Armee traditionell das Übergewicht hatten - nahezu unverändert geblieben zu sein. Das bedeutet, daß vor allem die militärische Macht hinter der RCD in den Händen der kongolesischen Tutsi liegt, deren Sicherheitsinteressen mit denen Ruandas nahezu übereinstimmen.

Eine rebellennahe Quelle sagte am Mittwoch, man wolle nach dem Sieg mit "allen kämpfenden Kräften" zusammenarbeiten. Das schließe auch Etienne Tshisekedis Partei UDPS ein. Tshisekedi, ein weiterer Oppositioneller gegen Kabila, hat sich bisher nicht zur Rebellion bekannt. Am Mittwoch jedoch warnte er vor einem militärischen Eingreifen Angolas.