»Neues Deutschland«, mutlos

Das Neue Deutschland druckt zwar Artikel von Neonazis, kritische Reaktionen haben hingegen weniger Chancen, in die Zeitung zu kommen. Die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke schrieb einen Beitrag, der vom ND ohne Rücksprache mit der Autorin um eine wesentliche, das ND betreffende Stelle gekürzt am 21. August abgedruckt wurde. Hier der Wortlaut der durch Kürzungen zensierten Passage: "Daß jedoch die ND-Redaktion Personen wie Roland Wehl ein Forum bietet, daß ein ND-Korrespondent nicht nur in wir selbst, sondern auch in Mut veröffentlicht, daß auch einer der bekanntesten PDS-Funktionäre der Zeitschrift Mut ein Interview gibt, versteht sich nicht von selbst."

Die folgenden Sätze wurden vollständig weggekürzt: "Mut, ehemals ein neofaschistisches Jugendblatt, das bis 1983 im VS-Bericht aufgeführt worden ist, bewegt sich heute im Übergangsfeld zwischen bürgerlich-konservativen und extrem rechten Positionen. Zu diesem merkwürdigen 'Cross-over' besteht Klärungsbedarf. Daß das ND jetzt einen Flirt mit der nationalrevolutionären 'Neuen Rechten' beginnt und damit deren Strategie entgegenkommt, ist ein offener Affront gegen den Beschluß von Parteivorstand und Parteirat der PDS. Wenn ein Nationalrevolutionär wie Wehl (dessen politische Verortung durchaus bekannt war) als seriöser Diskussionspartner präsentiert und das Gespräch mit solchen Leuten vom ND-Redakteur Schütt ausdrücklich gefordert wird, werden neofaschistische Kräfte aufgewertet und gefördert. Dies ist kein 'Kavaliersdelikt', sondern ein eindeutiger Bruch mit bisherigen Positionen der PDS in dieser Frage."

Der Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der PDS in Sachsen-Anhalt, Matthias Gärtner, teilte gegenüber Jungle World mit, daß der Leserbriefschreiber Prof. Michael Nier aus Chemnitz, der im ND im Rahmen der Debatte "Wie national muß die Linke sein?" gegen "Amerikanisierung" und die "volksfeindliche Politik des transnationalen Kapitals" gewettert und eine Rückbesinnung auf die Nation gefordert hatte, Mitwirkender beim Arbeitskreis Wirtschaftspolitik der neonazistischen NPD sei. Gärtner: "Das hätte man schon an seiner Argumentationsweise erkennen können. Es ist leider bezeichnend, daß das beim ND nicht gesehen wird."