Dänemark und die EU

Gemischtes Doppel

"Die Schlimmsten und Ärgerlichsten in der Europäischen Union sind die Dänen", schimpfte 1997 einer der 15 EU-Botschafter in Brüssel. Die dänische Regierung wollte wieder mal Ausnahmeregelungen durchsetzen.

Dänemark gilt als Euro-Muffel. Dabei sind die Regierenden hierzulande nicht EU-feindlich. Es ist die Rücksicht auf die Bevölkerung, die sie zu Alleingängen treibt. Zwar war z.B. auch in Deutschland in Umfragen die Mehrheit gegen den Euro, aber die EU-Skepsis der fünf Millionen Dänen fällt besonders ins Gewicht: Nach der Verfassung muß jede Übertragung von Souveränitätsrechten durch eine Volksabstimmung bestätigt werden.

Und so stimmten die Dänen schon fünf Mal über Europäische Verträge ab. 1972 votierten 63 Prozent für den EG-Beitritt, 1986 noch 56 Prozent für den Binnenmarkt, und 1992 folgte die Abstimmung, die den Ruf des Landes als europäischen Quertreiber begründete: Mit 50,7 Prozent "Nej"-Stimmen scheiterte der Beitritt zum Maastricht-Vertrag - vorläufig.

In einem Zusatzvertrag, dem Edinburgh-Abkommen, ließ sich die dänische Regierung daraufhin ein Recht bestätigen, das Großbritannien auch so für sich in Anspruch nahm: Dänemark kann am Maastricht-Vertrag teilnehmen, ohne den Euro einführen zu müssen. Außerdem wurde festgehalten, daß das Land nicht an der geplanten Verteidigungsgemeinschaft teilnehmen muß. Mit diesen Zusätzen stellte die Regierung Maastricht erneut zur Abstimmung. Vielleicht hatte der Sieg in der Fußball-Europameisterschaft einige Dänen versöhnlicher gestimmt, jedenfalls votierten 1993 56,7 Prozent für den ergänzten Vertrag.

Am Abend nach dem Referendum lieferte sich in Kopenhagen die Polizei mit autonomen EU-Gegner Auseinandersetzungen, wie sie Dänemark noch nicht erlebt hatte. Die Polizei setzte zum ersten Mal in der dänischen Nachkriegsgeschichte Schußwaffen gegen Demonstranten ein. Elf mußten mit Schußverletzungen in Krankenhäuser gebracht werden. Die Polizei zählte 24 durch Pflastersteine verletzte Beamte. Insgesamt sollen 100 Schuß Munition und sechs Tonnen Pflastersteine zum Einsatz gekommen sein.

Weniger spektakulär, aber mit einem ähnlichen Ergebnis endete das vorläufig letzte EU-Referendum: 55,1 Prozent stimmten am 28. Mai 1998 für den Amsterdamer Vertrag. Um eine neue Niederlage zu vermeiden, hatte die Regierung im Wahlkampf versprochen, es handele sich um den letzten Schritt in der europäischen Integration. Ein anderes Argument des sozialdemokratischen Premierministers Poul Nyrup Rasmussen für den Vertrag war, Kohl solle nicht alles bestimmen. "Zusammen mit den anderen kleinen Ländern wollen wir ihn auf seinen Platz verweisen."

Auf der Seite der EU-Gegner dominierte nicht mehr, wie bei früheren Abstimmungen, die linke Opposition. Diesmal warben auch die stark gewordenen rechtsradikalen Parteien für ein Nein. Der Außenminister Niels Helveg Petersen sah sich angesichts der gemischten Ablehnungsfront in Argumentationsnöten. Die Schwierigkeit sei, zwischen einem rechten und linken Nein zu unterscheiden. Denn während die Rechten die EU aus Furcht vor einer Überschwemmung Dänemarks mit Ausländern ablehnten, so warnten die Linken vor einer "Festung Europa".