Die Wacht am Kanal

Altes Gebräu in neuen Schläuchen: Die USA versuchen in Panama, ihre Militärstützpunkte zu sichern - als Zentren zur Drogenbekämpfung

Das neue Jahrtausend kommt. Und mit ihm der Abzug aller US-Soldaten aus Panama. So sehen es zumindest die 1977 unterzeichneten "Torrijos-Carter-Verträge" vor: Am 31. Dezember 1999 soll Panama die Kontrolle über den gleichnamigen Kanal, der für Schiffe eine kostspielige Umrundung Südamerikas überflüssig macht, übernehmen. Und gleichzeitig sollen auch die sieben vorhandenen US-Militärstützpunkte - ohne Belegschaft und Ausrüstung - in die Hände des mittelamerikanischen Staates übergehen.

Den USA gefällt dies natürlich nicht. Ebensowenig wie die Alternative, Gebühren für den Erhalt der Stützpunkte zu zahlen. Doch wie erhält man, was vor Ort kaum jemand will? Vielleicht als Multilaterales Zentrum zur Drogenbekämpfung (CMA), lautete bereits vor Jahren ein Vorschlag des damaligen Außenministers Panamas, Gabriel Lewis Galindo. Doch "der Mann Washingtons" ist mittlerweile verstorben.

Also bleiben nur Verhandlungen. Doch die ohnehin nur informellen Gespräche, die bislang geführt wurden, mußten vor Monaten abgebrochen werden - die Positionen Panamas und der USA waren unvereinbar. Auch schien die panamaische Regierung nicht genau zu wissen, mit wem eigentlich verhandelt wurde. In Panama-Stadt gaben sich US-Regierung, FBI, Pentagon und die Drug Enforcement Agency (DEA) die Klinke in die Hand. Seitdem spielt Washington auf Zeit: "Die Vereinigten Staaten haben noch nicht endgültig entschieden, ob sie die Bedingungen Panamas akzeptieren", verkündete Ernesto Pérez Balladares, der amtierende Präsident Panamas, Ende August und betonte seine Entschlossenheit, den USA keine weiteren Zugeständnisse zu machen.

Balladares Äußerungen waren zeitlich gut abgestimmt: Am 30. August fand ein Referendum statt, indem sich der panamaische Machthaber eine Mehrheit sichern wollte, um per Verfassungsänderung für eine weitere Amtszeit kandidieren zu können. Doch selbst der von der Opposition aufgedeckte "Stimmenkauf" der Regierungspartei PRD konnte nicht helfen. 64 Prozent der Wahlbeteiligten sprachen sich gegen die Möglichkeit einer weiteren Kandidatur Balladares' aus. Das negative Wahlergebnis könnte die regierende PRD nun dazu bewegen, eine konsequente Haltung gegen die US-Militärpräsenz im Land zu beziehen. Bis zu den Präsidentschaftswahlen im Mai 1999 soll die Referendums-Niederlage und das darauf folgende Debakel, der Rücktritt dreier Minister Anfang vergangener Woche, wettgemacht werden.

Zumal der US-Vorschlag zur Gestaltung des multilateralen Zentrums so wenig Multilaterales an sich hat, daß selbst PRD-Abgeordnete hinsichtlich des CMA von "kostenlosen Truppenstützpunkten" sprechen. Bereits seit 1992 existiert vor Ort ein "Drogenbekämpfungszentrum" der USA, eingerichtet per einseitigem Beschluß der Regierung in Washington. Doch über die Form, die es ab Januar 2000 annehmen soll, scheiden sich die Geister. Panama besteht darauf, ein Zentrum ziviler Art einzurichten, das von Panama, den USA, Mexiko, Brasilien und Kolumbien gleichberechtigt betrieben werden soll - ausschließlich zum Zweck der Drogenbekämpfung. Dafür sollen rund 2 000 Personen zuständig sein, und zwar "Zivilisten und Militärs aller Länder zusammengenommen", wie jüngst der panamaische Botschafter in Mexiko, Nils Castro, ausführte.

Die USA hingegen bestehen in ihren Vorschlägen auf 7 000 US-Soldaten, die in dem CMA stationiert werden sollen. Damit würde das bisherige Truppenkontingent noch aufgestockt. Zur Zeit sind in der 40 000 Hektar umfassenden und unter US-Aufsicht stehenden Kanalzone 5 000 US-Soldaten stationiert. Die dort ebenfalls untergebrachten radarbestückten Militärflugzeuge (Awacs), ermöglichen es den USA - gemeinsam mit Radaranlagen, die in verschiedenen lateinamerikanischen Staaten installiert sind - den Luftraum der gesamten Region zu kontrollieren. Diese strategische Übersicht über das seit über 100 Jahren als "Hinterhof" angesehene Gebiet würde die US-Regierung gerne behalten.

Daher sollen, wie im Wunsch-Vertragsentwurf der USA formuliert ist, die administrativen und militärischen Aufgaben des zukünftigen CMA getrennt werden, wobei die militärischen der eigenen Armee unterliegen würden. Vorgesehen sind auch "zusätzliche Aktivitäten" des Zentrums, die vage als "Operationen logistischer Unterstützung für Dritte und andere Aktivitäten" definiert werden. Und selbst der Name des Zentrums wurde von CMA in CLN (Zentrum zur Bekämpfung des Drogenhandels) geändert. Statt der bislang diskutierten Laufzeit von drei Jahren möchten die USA eine erste Etappe von zwölf Jahren vereinbaren, die dann um jeweils fünf Jahre verlängerbar sein soll.

Jorge Illueca, panamaischer Ex-Präsident, sieht in solchen Vorstellungen eine "desaströse Wiederherstellung einer kolonialen Enklave in Panama". Das Land würde eine extraterritoriale Rechtsprechung zulassen und für Konzessionen keine Gegenleistungen erhalten. Die USA lassen indes nichts unversucht, um den Eindruck der Unabdingbarkeit einer starken US-Militärpräsenz entstehen zu lassen.

Bereits im vergangenen Jahr lancierte die DEA die Meldung, Panama sei nach wie vor eine der wichtigsten "Brücken" für den Drogenschmuggel in die USA. "Der Drogenhandel befindet sich in Panama immer noch auf hohem Niveau. Es handelt sich um eine wichtige Schleuse. Wir haben selbst nach Noriegas Abgang keine Verringerung des Handels feststellen können", äußerte Ivette Torres, DEA-Koordinatorin für Zentralamerika und die Karibik.

Dabei hatten die USA noch 1989 die Militärintervention in Panama und die Festnahme von General Manuel Noriega, ehemaliger CIA-Agent und damaliger Staatschef, mit dessen angeblich zentraler Rolle im Drogenhandel gerechtfertigt. Noriega sitzt heute eine Haftstrafe in den USA ab, am Drogenhandel hat sich dennoch nichts geändert: "Eine glatte Niederlage für zwei Milliarden Dollar im Jahr", erkannte General Barry McCaffrey, Leiter des Büros für Nationale Drogenkontrollpolitik (ONDCP), erst vor wenigen Wochen.