Gold Trafford

Großbritanniens Medienmogul Murdoch will sich einen Fußballverein kaufen

Als alles anfing, hieß der Verein noch Newton Heath. Das war im Jahr 1878, als leitende Angestellte der Lancashire and Yorkshire Railway Company einen Fußballclub gründeten. Nach dem Bankrott des Unternehmens im Jahre 1902 wurde der Verein mit Hilfe des Bierbrauers John Davies unter der Bezeichnung Manchester United weitergeführt.

Knapp ein Jahrhundert später ist aus Manchester United eine Aktiengesellschaft geworden, die jährlich umgerechnet 250 Millionen Mark umsetzt und deren Aktien in diesem Jahr um 30 Prozent stiegen. Vor drei Monaten wurde die Bezeichnung "Football Club" vom Vereinsemblem des populärsten und profitabelsten Fußballunternehmens der Welt entfernt.

Der geplante Verkauf von Manchester United an den Medienmagnaten Rupert Murdoch, den Inhaber der Mediengruppe News International, der neben dem TV-Sender BSkyB auch die Übertragungsrechte für die britische Premier League, die schottische Liga, Boxveranstaltungen und wichtige Begegnungen in Kricket und Rugby besitzt, soll daran auf keinen Fall etwas ändern. "Fußball bleibt unsere Kernaktivität", versicherte der Vereins-Vorsitzendene Martin Edwards den wütenden Fans, die mit dem Verkauf auch den Ausverkauf befürchteten. "Bevor ihr versucht, mich aufzuhängen, solltet ihr mir eine Chance geben!" forderte Edwards, "ich würde nichts tun, was diesen Verein und seine Tradition zerstört. Würde ich das machen, dann hätte ich es verdient, aufgehängt zu werden."

Die Übernahme des Vereins für 1,8 Milliarden Pfund wird wohl trotz der Fans, die 23 Prozent der Aktien besitzen, nicht verhindert werden können. Knapp zwei Drittel der Aktien befinden sich in den Händen institutioneller Anleger der Londoner City, Martin Edwards verkaufte seinen 14-prozentigen Aktienanteil für 250 Millionen Mark und einen Sitz im BSkyB-Vorstand.

Mit dem Kauf von United würde sich BSkyB eine starke Position in künftigen Verhandlungen über die Neuvergabe der Übertragungsrechte schaffen. Das britische Kartellamt prüft zwar derzeit, ob diese weiterhin überhaupt kollektiv durch die Premier League vermarktet werden dürfen oder ob dies Sache der einzelnen Vereine ist, aber entscheidet es auf Einzelvermarktung, ist der Manchester-Interessent Murdoch der Konkurrenz einen Schritt voraus. Der vor drei Monaten gegründete Kanal MU-TV (Manchester United Television) sendet bereits täglich sechs Stunden alles über den Verein - außer den Spielen, was jedoch mit einer neuen Vergabepraxis hinfällig würde. Die Dominanz unter den Sportsendern des digitalen Fernsehens, das vor dem Millenium mit 150 Pay per View-Kanälen starten wird, wäre gesichert.

Andere wollen Murdochs Beispiel nun folgen: In der letzten Woche kündigte die Mediengesellschaft Carlton Communications, die über drei britische Fernseh-Sendelizenzen verfügt und auch am Konsortium für Digitalfernsehen, ON Digital, beteiligt ist, ernsthaftes Interesse am englischen Meister Arsenal London an. Ein Übernahmeangebot in Höhe von 700 Millionen Mark wird laut englischen Presseberichten vorbereitet.

Englische Fußballvereine zu kaufen, scheint zu einem neuen Trend zu werden: Die englische Tageszeitung Mirror berichtete am Sonntag, daß die japanische Firma Sony Newcastle United kaufen wolle, dem Verein wurde angeblich schon ein Angebot in Höhe von 600 Millionen Mark unterbreitet.

Daß der Manchester-Verkauf noch nicht ganz perfekt ist, stört da niemanden - der brititsche Handels- und Industrieminister Peter Mandelson muß erst noch darüber entscheiden, ob durch Manchesters Verkauf eine Wettbewerbsverzerrung entsteht. Murdochs BSkyB ist nämlich bereits im Besitz der exklusiven Fernsehübertragungsrechte für die Spiele der Premier League, die von dem Sender vor zwei Jahren für 1,9 Milliarden Mark erworben wurden.

An Rupert Murdoch, dem Besitzer der mächtigen Boulevardzeitung The Sun, der Londoner Times und des Satelliten-Senders BSkyB, führt jedoch kein Weg vorbei, diese Erfahrung machte die Labour-Partei schon vor Jahren. The Sun, integraler Bestandteil seines Medienimperiums, hatte schließlich dazu beigetragen, daß die britischen Konservativen 18 Jahre lang an der Macht bleiben konnten. Aufmacher wie "Im Falle eines Labour-Sieges macht der letzte Mensch, der das Land verläßt, das Licht aus" sorgten damals für die richtige Stimmung im Land.

New Labour unter dem ohnehin telegenen Tony Blair versuchte schon 1995, den Einfluß der Murdoch-Medien für sich zu gewinnen. "Änderungen hat es auf beiden Seiten gegeben, die Vergangenheit liegt hinter uns", erklärte Blair im Juli 1995 nach einem von Murdoch bezahlten Treffen auf einer tropischen Insel vor der australischen Küste. Im zwei Jahre später geführten Wahlkampf unterstützte dann zum ersten Mal Murdochs Medienmaschine New Labour und Blair. Die Konservativen, plötzlich völlig ohne wohlwollende Berichterstattung der heimischen Medien, mußten die schwerste Wahlniederlage seit über einhundert Jahren hinnehmen.

Tonys Blair hat die Unterstützung nicht vergessen: Als News International im März dieses Jahres versuchte, ohne Erfolg die Mediengruppe Mediaset von Silvio Berlusconi zu übernehmen, engagierte sich der britische Premierminister beim italienischen Kollegen Romano Prodi für seines Freundes Fernsehinteressen in Italien.

Blairs ehemaliger Spin Doctor Mandelson, der nun Murdochs Manchester-Kauf prüfen soll, hat viel zum erfolgreichen Verhältnis von Labour und News International beigetragen, er gehört mittlerweile zum engen Freundschaftskreis von Murdochs Tochter Elisabeth, welche wiederum BSkyB leitet. Niemand erwartet, daß Mandelson den Fall an das Kartellamt weiterleitet.

Trotzdem kann sich Rupert Murdoch noch nicht ganz sicher sein, daß sein spektakulärer Coup, der innerhalb weniger Tage so viele Nachahmer gefunden hat, auch tatsächlich gelingen wird. Denn am vergangenen Wochenende wurde bekannt, daß Manchester United noch ein weiteres Kaufangebot vorliegt. Eine US-amerikanische Investmentbank soll eine Kampagne gegen die bevorstehende Übernahme des Klubs durch Murdoch begonnen haben, ein Treffen der potentiellen Investoren mit Salomon Smith Barney, dem Teilhaber eines großen Reiseunternehmens und der HSBC Holding, den Finanzberatern von Manchester United, soll bereits stattgefunden haben. Über die Höhe des dabei angeblich schon vorgelegten Gegenangebotes herrscht Unklarheit, Martin Edwards bestätigte jedoch, daß der Verein andere Angebote als das Murdochs durchaus noch prüfen werde. Aus legalen Gründen, fügte er noch vieldeutig hinzu, sei man sowieso dazu verpflichtet, jeden Anbieter zu hören.

Am definitiven Verkauf des Unternehmens Manchester United ändert das allerdings nichts.