Wahlverdruß in Bosnien

Optimist ist, wer nach dem Wahlgang trotzdem lacht: Hanns Schumacher, stellvertretender Bosnienbeauftragter, hat die zweiten Wahlen nach Ende des Krieges in dem Balkanstaat als "insgesamt positiv" bewertet. Wegen der hohen Wahlbeteiligung, die nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) achtzig Prozent betrug, und des friedlichen Ablaufs des Urnengangs sehe er die Integration der drei Bevölkerungsgruppen auf gutem Weg, sagte Schumacher nach Schließung der Wahllokale am vorletzten Wochenende.

Mit seiner Auffassung steht der deutsche Diplomat jedoch ziemlich alleine da. Scharfe Kritik an der Organisation der Abstimmung durch die OSZE äußerte eine Delegation des Europarats: Eine beträchtliche Anzahl Stimmberechtigter sei nicht registriert wurden bzw. ihre Daten seien unvollständig gewesen. Nachdem vergangene Woche durchgesickert war, daß die Serbische Radikale Partei, die dem Rechtsextremisten Vojislav Seselj in Serbien nahesteht, zur stärksten Kraft in der bosnischen Teilrepublik Srpska avancieren könnte, hatte die OSZE die Veröffentlichung von Teilergebnissen um eine Woche verschoben. Auch Momcilo Krajisnik, Mitglied der Partei des wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal angeklagten Radovan Karadzic, hat gute Aussichten, den serbischen Sitz im Staatspräsidium zu verteidigen. Auf den Vorwurf, die Verzögerung der Auszählung sei ein Versuch, das Wahlergebnis "in politisch genehme Bahnen" zu lenken, erklärte Robert Barry, Leiter der Bosnien-Vertretung der OSZE: "Wahlfälschungen sind unmöglich. Der Prozeß der Auszählung ist transparent und kontrollierbar."