Bomben auf Belgrad?

Was zuviel ist, ist zuviel, muß sich US-Verteidigungsminister William Cohen am Wochenende gedacht haben. Nach Berichten über ein von serbischen Sicherheitskräften verübtes Massaker an 34 Zivilisten im Kosovo kündigte Cohen an, daß ein Militärschlag der Nato gegen Jugoslawien "innerhalb der nächsten zwei Wochen" stattfinden könnte. Den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic warnte er davor, die "internationale Gemeinschaft" weiter hinzuhalten: Es reiche nicht aus, die Offensive in der südserbischen Provinz lediglich vorübergehend einzustellen. Milosevic hatte Anfang letzter Woche das Ende der Angriffe auf Stellungen der Separatistenorganisation UCK verkündet. Im Anschluß daran hatte bereits die aus Großbritannien, Frankreich, Italien, Rußland, den USA und Deutschland zusammengesetzte Balkan-Kontaktgruppe Milosevic aufgefordert, die in der vorletzten Woche verabschiedete UN-Resolution 1199 "vollständig und sofort" zu erfüllen.

Im Gegensatz zu den westlichen Mitgliedern der Kontaktgruppe lehnt Rußland einen Militärschlag der Nato weiterhin ab. Für den Fall einer Intervention ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats drohte das Moskauer Verteidigungsministerium mit dem Abbruch der Beziehungen zu dem Militärbündnis. UN-Generalsekretär Kofi Annan wollte dem Sicherheitsrat am Montag einen Bericht über die Situation im Kosovo vorlegen. Danach will das Gremium über einen Nato-Einsatz in der Krisenprovinz entscheiden. US-Außenministerin Madeleine Albright hatte bereits im Vorfeld der Entscheidung erklärt, daß eine Militäraktion "notfalls auch gegen den Widerstand Rußlands" erfolgen müsse.

Nach einem Bericht der britischen Zeitung Sunday Telegraph, beabsichtigt Großbritannien nach möglichen Luftangriffen der Nato auf serbische Stellungen auch die Entsendung von Bodentruppen und Panzereinheiten. Eine Schnelleingreiftruppe der britischen Marine bereite sich bereits auf einen Bodeneinsatz im Kosovo vor. Das Blatt berichtete weiter, daß britische Soldaten serbischen Truppen gegebenenfalls auch direkt gegenübertreten würden.