Nacht-Tanz-Demo in der Mainmetropole

Frankfurt, ganz locker

Beim vierten Anlauf fand sie endlich ungestört statt: Mehrere Tausend zogen vom Bahnhofsviertel über das Museumsufer in die Innenstadt der Rhein-Main-Metropole. Die Botschaft: "Frankfurt, mach dich mal locker". Von den alten Ideen war bei der Nacht-Tanz-Demo am Donnerstag vergangener Woche jedoch wenig geblieben.

Dabei war das erste Happening 1995 noch mit ordentlich Krach beim grünen Stadtkämmerer Tom Königs vorbeigezogen, um gegen die Schließung kleiner Clubs und Galerien zu protestieren. In den folgenden Jahren traf sich am späten Abend eine renitent-bunte Mischung aus Polit-Fraktion und Party-Freaks. Von einer ordentlichen Anmeldung war damals noch keine Rede. Der Kundgebungsbeiträge müde, wurde die ganze Nacht getanzt - die Verhältnisse, die man zum Tanzen bringen wollte, immer mitgedacht.

1997 war das nächtliche Spektakel eingebettet in eine bundesweite Aktionswoche "gegen Privatisierung, Sicherheitswahn und Ausgrenzung". In der Party-Zeitung fand auch Kritik an der städtischen "Kriminalisierungs- und Vertreibungspolitik" ihren Platz. Statt sich im Häufchen Aufrechter frustrieren zu lassen, nahm man sich die Nacht und hatte Spaß. Die Vorbilder, so hieß es im Aufruf, kamen aus Übersee: "Feiert man nach der Bürgerdämmerung nur entschlossen genug bis in des Morgen Grauen, dann kann man eine sehr revolutionäre Erfahrung machen: Die Paraden, auf denen sich die Massen die Straßen nehmen, sind 'in a nutshell' exakt das, was der US-Anarchofreak Hakim Bey als 'Temporäre Autonome Zone' (TAZ) beschrieben hat."

Im vergangenen Jahr knüppelte die Polizei die ganze Tanz-Parade auseinander. Von der Wiederholungsdemo zwei Tage später fühlten sich dann weniger die Ordnungshüter, dafür aber Alt-Linke wie Jutta Ditfurth provoziert. Doch in diesem Jahr sollten die Organisatoren der Nacht-Tanz-Demo die Kritik der Orthodoxen nachträglich rechtfertigen: Von der zur Ersatz-Love-Parade mutierten Veranstaltung sahen sich die wenigen, die für mehr eintraten als für gute Clubs, an den Rand gedrängt. Vor einer "weiteren Illegalisierung" wollte man nur noch "Kulturschaffende dieser Stadt" schützen und forderte den schlanken Staat: "Verkürzung der Behördenwege durch Zusammenfassung von Zuständigkeiten".

Kritik an Vertreibungspolitik tauchte nur noch am Rande auf. Umso mehr konnte man sich dann über die Schwierigkeiten der halbkommerziellen Party- und Kunstszene in Frankfurt echauffieren. Standortsicher wurde formuliert: "Obwohl ihre kreativen Ideen Garant für die Entwicklung und Vielheit einer großstädtischen Kultur sind, schlägt Ihnen in den städtischen Amtsstuben Ablehnung und Kleingeisterei entgegen".

Die Veranstalter waren zufrieden. Schließlich sei erstmals "bundesweit ein nächtliches Demonstrationsrecht erstritten" worden. Doch der Preis der Legalisierung war selbst für die Party-Freaks hoch. Nach langen Verhandlungen mit dem Ordnungsamt mußten sich die Organisatoren gar auf eine 80-Dezibel-Lautstärke-Beschränkung einlassen, was eine angenehme Teetanz-Atmosphäre sicherte.

Immerhin: Was noch blieb, war die Party. Und die war dann wenigstens gut.