Kolumbien bleibt gespalten

Öl und Waffen

Der Friedensprozeß in Kolumbien droht am Öl zu scheitern. Hatten sich vorletzte Woche noch Vertreter der Guerillaorganisation ELN mit verschiedenen zivilen Gruppen und der Regierung darauf geeinigt, im nächsten Jahr einen Friedenskonvent einzurichten (Jungle World, Nr.43/98), knallte es kaum eine Woche später wieder.

Nachdem an einer Pipeline in der Provinz Antioquia im Nordosten des Landes eine Bombe detonierte, vernichtete anschließend eine Feuerwalze das nahegelegene Dorf Machuca. Dabei starben mindestens 58 Menschen, über siebzig wurden zum Teil schwer verletzt. Die staatlichen Behörden - allen voran Verteidigungsminister Rodrigo Lloreda - versuchten sofort, die Verantwortung der linksgerichteten ELN in die Schuhe zu schieben. Doch die verwahrte sich gegen die Anschuldigungen: Ihre Tochterorganisation, die Kompanie Cimarr-n, habe zwar den Sprengsatz gelegt, das ausgelaufene Rohöl jedoch entzündet und somit die Tragödie ausgelöst habe die Fuerzas Militares (FM), also eine Brigade des kolumbianischen Militärs. Die Feuersbrunst sei nämlich erst eine Stunde nach der Sprengung der Pipeline ausgebrochen.

General Fernando Tiapas, Kommandant der FM, beeilte sich, diese Behauptung zurückzuweisen und ließ 100 Millionen Pesos (rund 125 000 Mark) Belohnung für die Ergreifung der Täter aussetzen. Ein Sprecher der Ölfirma Oleoducto Central de Colombia (Ocensa), die für British Petroleum (BP) die Pipeline betreibt, wollte hingegen niemanden verdächtigen. Die Ocensa wolle sich ausschließlich mit der Versorgung der Verletzten beschäftigen.

Ohnehin haben die Ölmultis von BP und Ocensa momentan alle Hände voll zu tun, ihr Image in Kolumbien zu verbessern. Vergangene Woche hatte die Tageszeitung El Espectador aufgedeckt, daß Ocensa Waffen und Ausrüstung für eine Brigade rechtsgerichteter Todesschwadrone besorgt hatte. Die massakererprobten Paramilitärs terrorisieren seit einigen Jahren den Nordosten des Landes - und sollten ganz nebenbei die Pipelines der Firma bewachen. Als der Deal publik wurde, feuerte BP letzte Woche einen ihrer Sicherheitschef.

Dabei wächst auch der Druck auf Präsident Pastrana: Mit dem Versuch, gleichzeitig die Märkte zu liberalisieren und Frieden zu schaffen, droht er zwischen die Fronten zu geraten. Zumal seine Hoffnungen auf Frieden mit der Guerilla mit dem Anschlag in Antioquia nicht gerade beflügelt wurden. Hinzu kommt, daß der populäre Vizepräsident der größten Gewerkschaft Kolumbiens, der Central Unitaria de Trabajadores (CUT), Jorge Ortega, am vergangenen Dienstag in der Hauptstadt Bogot‡ erschossen wurde.

Die kolumbianische Öffentlichkeit vermutet hinter dem Anschlag rechtsextreme Todesschwadrone, die Pastranas Stellung schwächen wollen. Vor dem Attentat hatten Angestellte des öffentlichen Dienstes zwei Wochen lang gegen Privatisierungen gestreikt. Nachdem Pastrana sich bei den Verhandlungen unbeweglich geblieben war, warf ihm nun der Präsident der Elektrizitätsgewerkschaft, Jesœs Romero, vor, "der intellektuelle Urheber" der Ermordung Ortegas zu sein.

Argelino Garz-n, Mitglied einer Schlichtungskommission zwischen Staat und Angestellten, sprach von einem "herben Rückschlag" für die Verhandlungen. Gleichzeitig interpretierten wütende Demonstranten in Bogot‡ den Tod des Gewerkschaftsfunktionärs auf ihre Art: Sie bewarfen Polizisten mit Molotowcocktails, zerstörten eine Kathedrale und verwüsteten ein Bankgebäude.