In memoriam Michaela Geiger

Kurz vor dem Beginn der ersten Sprechproben für die großen Milleniums-Passionsspiele füllen sich die himmlischen Probebühnen. Nach dem aus dem Passionsspielort Oberammergau stammenden bayerischen Ex-Landesvater Max Streibl, der vor drei Wochen den Weg zum Bühneneingang antrat, hat sich in der Nacht zum 31. Dezember Michaela Geiger, auch sie eine gebürtige Oberammergauerin, auf den Weg gemacht. Auf eine Besetzung als Jungfrau Maria darf sie sich als geschiedene Frau, alleinerziehende Mutter und Protestantin zwar keine Hoffnungen machen. Aber zu einer anständigen Rolle dürfte es die umtriebige CSU-Frau schon bringen: Immerhin schaffte sie es schon im für CSU-Verhältnisse zarten Alter von 37, ein Mandat im Parlament zu ergattern. Um endlich zur ersten Garde zu zählen, kandidierte sie zehn Jahre später, das war 1990, als Vizepräsidentin des Bundestags.

Da zu dem Amt jedoch die Berechtigung gehörte, sich bei den Lachsschnittchen immer als erster nach dem Kanzler zu bedienen, bestand CSU-Partylöwe Johnny Klein darauf, den Posten zu erhalten. 1994 konnte der erfahrene Buffetkämpfer den guten Platz gegen Geiger nochmals verteidigen. Die fand derweil ihre Erfüllung als Parlamentarische Staatssekretärin unter Volker Rühe. Als Klein Ende 1996 den Kaviarlöffel abgab, war endlich auch die Stunde der Bundestagsvizepräsidentin Michaela Geiger gekommen. Doch da sollte die Ära Kohl nur noch 21 Monate dauern. Bei der letzten Wahl, der sie sich stellte, war das Scheitern schon eingeplant: Mit ihrer Kandidatur wollte die CSU-Landesgruppe, die Frau Geiger ansonsten nicht sonderlich liebte, verhindern, daß die noch ungeliebtere PDS-Frau Petra Bläss Vizepräsidentin des Parlaments wird. Und nicht einmal das hat mehr funktioniert.