Deutsch-russisches Scharnier

Der Königsberger Express, "Stimme der Heimat" für Aussiedler, kämpft um seine Existenz

Traurige Nachrichten kommen aus Kaliningrad. Zumindest für die deutschen "Vertriebenen" und andere Fans des Deutschtums. Denn der Königsberger Express, die einzige deutschsprachige Zeitung in der russischen Exklave, hat mit Existenznöten zu kämpfen.

Die Zeitung erscheint mittlerweile im siebten Jahrgang. Doch die Finanzkrise der Russischen Föderation im Herbst des vergangenen Jahres ging auch an dem Blatt in der ehemaligen Hauptstadt "Ostpreußens" nicht spurlos vorbei. Im Dezember jammerte Chefredakteurin Elena Lebedewa - und bis heute wurde keine Entwarnung gegeben -, daß "finanzielle Probleme" dem Königsberger Express "schwer zu schaffen machen" und ihm "jede Zukunftsaussicht" nehmen würden. Allerdings habe sich die Kaliningrader Vertretung der Delegation der deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation, so Lebedewa weiter, "freundlicherweise" dazu bereit gefunden, den "grenzüberschreitenden Gedankenaustausch" zu koordinieren.

Stephan Stein, Leiter der Delegation und gleichzeitig auch als Vertreter der Handelskammer Hamburg in Kaliningrad aktiv, bestätigte dies im Königsberger Express: "Deutsche Touristen, Geschäftsleute und Journalisten" würden durch die Zeitung "gut recherchierte Neuigkeiten aus dem Fleck Erde" erfahren, den "Deutsche und Russen liebgewonnen" hätten. Deswegen habe die Handelskammer Hamburg jetzt auch die Koordination zur "Rettung" übernommen, erklärte Stein.

Auch die extreme Rechte in Deutschland ist sich über die Notwendigkeit der Zeitung einig. Wer sich in Deutschland "näher über das aktuelle politische, wirtschaftliche und kulturelle Geschehen" in Kaliningrad informieren wolle, komme am monatlich erscheinenden Königsberger Express nicht vorbei, hatte Martin Schmidt bereits Mitte des vergangenen Jahres in der Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) geschrieben.

Schmidt, seinerzeit noch JF-Redakteur und Ressortleiter für "Weltpolitik, Nationalitätenfragen, Mitteleuropa", hat mittlerweile ein dem Königsberger Express näherstehendes Aufgabenfeld gefunden - er wechselte zum Organ der Landsmannschaft Ostpreußen, dem Ostpreußenblatt. Dort betreut er nun das Ressort "Östliches Mitteleuropa". Zudem arbeitet der Freiburger auch als Korrespondent für die zweisprachig erscheinende Deutsch-Russische Zeitung (DRZ), ein Projekt aus dem Hause des Münchner Großverlegers Herbert Fleissner.

Hier überschneiden sich die deutschen Interessen an Kaliningrad. Im Gegensatz zur Landsmannschaft der Deutschen aus Rußland setzt die Deutsch-Russische Zeitung weniger auf das konservative Projekt einer Integration der "Rußlanddeutschen" in die Bundesrepublik: Gemeinsam mit dem Ostpreußenblatt sucht man nach einer "neuen Heimat" für die "Rußlanddeutschen" und meint, sie in der Region um Kaliningrad ausgemacht zu haben.

Der Erfolg gibt den Bemühungen der "Vertriebenen" durchaus recht - seit 1996 sind die Zahlen der Spätaussiedler, die in die Bundesrepublik kommen, rückläufig. Die rot-grüne Bundesregierung scheint daran interessiert, daß dieser Trend so bleibt: Man plane "die Mittel für Vor-Ort-Maßnahmen auszubauen", erklärte der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Jochen Welt, Mitte Januar. Der Königsberger Express verstand diese Äußerung auf seine Weise und hatte gleich Vorschläge parat, was zu tun sei, um die Ökonomie vor Ort in Schwung zu bringen und bei welchen infrastrukturellen Projekten es noch an Geld mangele.

Bei dieser Linie einer erstrebten deutsch-russischen Zukunft für Kaliningrad - unter deutscher Hegemonie - ist es nur konsequent, daß im eigenen Blatt russische Rechtsextremisten wie Wladimir Schirinowski abgelehnt werden. Als Schirinowski im Oktober 1998 forderte, daß Kaliningrad sich "weder Deutschen noch Litauern anpassen" solle und daß in der Stadt "immer die russische Fahne wehen" werde, hielt die Zeitung seine Ausführungen für eine "skandalöse Erklärung zur lokalen Politik".

Ebenso konsequent ist aber auch, daß man sich gegenüber der Politik des Vereins für das Deutschtum im Ausland (VDA) sehr aufgeschlossen zeigt und über dessen Aktivitäten regelmäßig und wohlwollend berichtet. Entsprechend wird der Königsberger Express auch von der Mehrzahl seiner Leser in der Bundesrepublik gelesen: Als "ein Bindeglied zu der verlorenen, aber unvergessenen Heimat", wie die Redaktion im Editorial der Januar-Ausgabe freudig berichtete.