Moskau unter IWF-Druck

Jelzin feuert Beresowski

Die Demontage von Boris Beresowski, dem einflußreichen russischen Finanz- und Medienmogul mit besonderen Verbindungen zur Jelzin-Familie, schreitet voran. Am vergangenen Donnerstag wurde er von Präsident Boris Jelzin von seinem Posten als Exekutivsekretär der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS), einem losen Verband ehemaliger SU-Republiken, gefeuert.

Die Begründung Jelzins für diesen Schritt: Beresowski habe seine Kompetenzen überschritten. Der befand sich gerade auf Dienstreise in Baku und meinte, entlassen könnten ihn lediglich alle Staatschefs der GUS. Die haben ihn ernannt und fühlen sich nun übergangen - Jelzin hatte sich nicht mit ihnen abgestimmt.

In den vergangenen Wochen hatte Beresowski die Regierung unter Jewgeni Primakow lauthals kritisiert; insbesondere gegen die KP-Mitglieder im Kabinett war er ausfallend geworden. Im Gegenzug hatte die russische Staatsanwaltschaft und der KGB-Nachfolger FSB verschiedene Büros von Firmen durchsucht, die von Beresowski kontrolliert werden - undenkbar ohne Primakows Rückendeckung (Jungle World, Nr. 7/1999). Von den berüchtigten politischen Beobachtern wurde Beresowskis Entlassung als Schwenk Jelzins in Richtung Primakow gewertet. Nun wird in Moskau gespannt auf Beresowskis nächsten Schachzug gegen Primakow gewartet.

Während dieser Machtkampf vorläufig zur Zufriedenheit Primakows läuft, ist an einer anderen Front mit Ungemach zu rechnen. Vergangene Woche beklagte sich Rußlands Top-Politökonom, der stellvertretende Ministerpräsident Juri Masljukow, über "unangebrachten Druck" des Internationalen Währungsfonds. Zuvor hatte IWF-Direktor Michel Camdessus in Washington offen die Wirtschaftspolitik der Primakow-Regierung angegriffen und gesagt: "Wir sind nicht zufrieden mit dem, was wir sehen."

Planmäßig soll Rußland in diesem Jahr 4,6 Milliarden Dollar an den IWF zurückzahlen, kann diese Summe aber nicht aufbringen. Deshalb sucht es neue internationale Kredite, um die Schulden abzudecken. Camdessus' Äußerungen legen nahe, daß ein neuer IWF-Kredit oder Auszahlungen eingefrorener Tranchen aus dem 22,6 Milliarden-Dollar-Paket unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht zur Debatte stehen.

Masljukow, zugleich Chefverhandler Rußlands mit dem IWF und KP-Mitglied, konterte darauf nach einem Bericht der Washington Post: "Herr Camdessus brennt darauf, einen leichten Sieg zu erringen, und um uns machen zu lassen, was für uns vollständig inakzeptabel ist, übt er alle Arten von Druck aus; und das ist unangebracht." Rußland könne die IWF-Bedingungen nicht akzeptieren, weil "der Weg zum Markt sehr kurz" gewesen sei und "wir deswegen keine Zeit hatten, verschiedene lebenswichtige Institutionen aufzubauen".

Zeitgleich spaltete sich ein Komitee von 19 privaten Gläubigerbanken über der Frage, ob Rußlands Bedingungen für die Tilgung kurzfristiger Staatsanleihen akzeptiert werden sollten. Die Deutsche Bank und die Chase Manhattan hatten am Freitag zuvor ein Angebot über "einige Cents pro Dollar in bar und neue Sicherheiten", wie die Washington Post es formulierte, angenommen; andere Gläubiger wollen mehr.

Daraufhin gab es Ärger. Die Deutsche Bank wurde am Montag vergangener Woche vom Vorsitz des Komitees entbunden. Zwei Tage darauf verlängerte Rußland die Frist für die Umwandlung der von ausländischen Gläubigern gehaltenen kurzfristigen Staatsanleihen vom 15. März auf den 30. April.