Konterrevolution fast abgeschafft

Alljährlich das gleiche Spiel: Chinas Nationaler Volkskongreß muß sich treffen, um die Beschlüsse der chinesischen KP-Regierung zu bestätigen. Und jedes Mal geht es um spannende Sachen, Ende vergangener Woche z.B. um eine Verfassungsänderung. Kurzerhand wurde der Tatbestand der Konterrevolution gestrichen. Nein, nicht ganz: durch "Verbrechen zur Gefährdung der Staatssicherheit" ersetzt. Denn China sei "eine Nation, die rechtsstaatlich regiert" werde, so Ministerpräsident Zhu Rongji in seiner Eröffnungsrede. Wegen "Konterrevolution" waren seit Gründung der Volksrepublik China Hunderttausende Oppositionelle für Jahre ins Gefängnis oder in Arbeitslager gesteckt worden.

Wie wenig die schlichte Umbenennung eines Gesetzes den Betroffenen bringt, war kurz zuvor einigen BürgerrechtlerInnen demonstriert worden: Ein Symposium zum Thema Menschenrechte in der zentralchinesischen Stadt Wuhan mußte ausfallen, weil alle Organisatoren verhaftet worden waren. Nicht verhaftet wurde die US-Außenministerin Madeleine Albright, die letzte Woche in Peking zu Besuch war und sich ebenfalls über Menschenrechtsverletzungen beschwerte. "Wir haben das Vorgehen der jüngsten Zeit mißbilligt", erklärte sie. Dennoch sei es "keine gute Idee", Menschenrechte und Wirtschaft zu verknüpfen: "Wir machen bessere Fortschritte, wenn beides getrennt ist", sprach sie und machte sich daran, Handelsbeschränkungen für US-Firmen zu lockern.