Kroatische Vergangenheitsbewältigung

Kroatien hat es nicht eilig, sich mit seiner faschistischen Vergangenheit zu beschäftigen. Der Prozeß gegen den letzten Kommandanten des KZ Jasenovac mußte letzte Woche wegen angeblichen Kreislaufproblemen des Angeklagten vertagt werden. Der 78jährige Dinko Sakic wird für den Tod von 2 000 Menschen verantwortlich gemacht. Sakic war im Frühjahr 1998 in Argentinien verhaftet worden, nachdem die kroatische Regierung einen Auslieferungsantrag immer wieder verzögert hatte. Brisant ist der mit Spannung erwartete Prozeß, weil sich die Regierung um Franjo Tudjman bisher nicht eindeutig vom faschistischen Ustascha-Staat distanziert hat. Tudjman sieht im Regime des Ustascha-Führers Ante Pavelic (hier mit seinem Führer 1942) einen Vorläufer der kroatischen Unabhängigkeit. Seine Vorstellung von "Vergangenheitsbewältigung" gipfelte in seinem Vorschlag, das KZ Jasenovac in eine Gedenkstätte der nationalen Versöhnung umzuwandeln. Statt an die Ermordung von 600 000 Menschen, darunter viele Juden, Roma und Serben, zu erinnern, soll das ehemalige KZ ein Ort für alle kroatischen Opfer des Krieges werden. Ihre persönliche nationale Versöhnung haben der angeklagte KZ-Kommandant und der kroatische Präsident bereits hinter sich: Vor vier Jahren trafen sie sich auf einem Staatsempfang in Buenos Aires.