Zu viel Konkurrenz

Der rechte Bund Freier Bürger - Offensive für Deutschland - Die Freiheitlichen (BFB) zerfällt

Was vor einem Jahr noch von der Presse der extremen Rechten als Durchbruch zu einer Einheitsfront gefeiert worden wäre, wird heute dort eher beiläufig zur Kenntnis genommen: die Republikaner (Rep) haben für die Landtagswahlen im Herbst in Thüringen eine offizielle Vereinbarung mit dem neoliberalen und rechtsextremen Bund Freier Bürger (BFB) des ehemaligen FDP-Politikers Manfred Brunner getroffen. Hinzu kommt noch der Thüringer Landesverband der Pro-DM-Partei - allerdings gegen den Willen der Parteiführung: Der thüringische Pro-DM-Landeschef Gerhard Otto wurde wegen der Vereinbarung umgehend von Parteichef Bolko Hoffmann ausgeschlossen.

Nimmt man das Ergebnis der Bundestagswahl in Thüringen zum Maßstab, dann wären die Chancen für die unter dem Label Bündnis 99 firmierende Formation gar nicht so schlecht: Mehr als vier Prozent der Stimmen konnten die drei Parteien zusammengenommen im vergangenen Herbst auf sich vereinen. Dennoch mag niemand so recht an einen Erfolg glauben, am wenigsten die Akteure selbst. Deutlich ist, daß es sich nicht um ein Bündnis der Stärke, sondern um eine Vereinigung aus Not und Elend handelt.

Not und Elend gelten dabei insbesondere für die Bündniskomponente BFB. Der ehemalige hessische FDP-Abgeordnete und heutige BFB-Generalsekretär Heiner Kappel hatte bei der Gründung des Bundes Freier Bürger - Offensive für Deutschland, so lautet der vollständige Parteiname, im Dezember 1997 noch verkündet, bei der Bundestagswahl nicht nur die Fünf-Prozent-Hürde überwinden zu wollen, sondern auch die "Etablierten das Fürchten zu lehren". Doch mittlerweile sind leisere Töne angesagt. Mit 0,4 Prozent der Stimmen landete der BFB bei der Hessen-Wahl sogar noch hinter der Tierschutz-Partei.

Die Gründe für dieses Desaster muß die Partei wohl vor allem bei sich selbst suchen. Doch bleibt dies natürlich aus. Wenn überhaupt selbstkritische Töne zu vernehmen sind, beziehen diese sich auf das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit. So hatte sich in Hessen ein Partei-flügel um den stellvertretenden Parteivorsitzenden Rolf-Dieter Gmeiner geweigert, Direktkandidaten aufzustellen. Gmeiner warf Kappel zu große Rep-Nähe vor. Gleichzeitig wurde das Schiedsgericht zum aktivsten Teil der Partei: Die Kontrahenten überzogen sich gegenseitig mit Ausschlußverfahren.

Die Aussage von Parteigründer Brunner beim Berliner Parteitag im Januar 1998, die neue Führungsspitze werde so eng zusammenstehen, daß nicht einmal ein Blatt Papier zwischen sie passen werde, taugt inzwischen nur noch zu Scherzen. Brunner hat längst aufgegeben. Schon nach der Bundestagswahl hatte er seinen Rücktritt sowie den Parteiaustritt angekündigt. Ebenso legten in der Folge mehrere Landesvorsitzende ihre Ämter nieder. Der letzte auf der Verlustliste ist - vorläufig - der Berliner Landesvorsitzende Markus Roscher. Er galt im BFB lange als Hoffnungsträger und Kompromißkandidat beider Parteiflügel für den Vorsitz. Doch wegen der Thüringer Vereinbarung zog er sich nun aus der Partei zurück. Sein Fazit: Der BFB habe seinen "eigenständigen Kurs" verlassen und präsentiere sich nur noch als Anhängsel der Republikaner.

Hinter den personellen Auseinandersetzungen stehen vor allem inhaltliche Differenzen. Denn den von Roscher so bezeichneten "eigenständigen Kurs" hat es tatsächlich nie gegeben. Versucht wurde vielmehr ein Dauerspagat zwischen den rechten Flügeln von FDP und CDU einerseits und den Kleinparteien rechts von der Union sowie den Republikanern andererseits. Doch war die Geduld der Unzufriedenen mit der Politik der ehemaligen Regierungsparteien größer als erwartet. Zugewinne von seiten der extremen Rechten hingegen blieben hinter den Prognosen zurück, nicht zuletzt, weil Brunner keine Gelegenheit ungenutzt ließ, sich vom Zielpublikum zu distanzieren.

Mit einem Mitgliederhöchststand von knapp über 2 000 Personen kam die Partei nie auch nur in die Nähe des erwünschten Zieles, Massenpartei zu werden. Vielmehr erweckte der Klüngel aus Ärzten, Rechtsanwälten, höheren Beamten, Unternehmern und Lehrern den Eindruck einer typischen Honoratiorenpartei, einer "Partei der Besserverdienenden". Als inhaltlicher Kitt diente dabei die Agitation gegen die europäische Währungsunion. Diese wurde als Katastrophe für den Wohlstand in Deutschland beschrieben. Und durch allerlei juristische Aktionen gegen den Euro konnte sich Brunner tatsächlich eine Zeitlang öffentlichkeitswirksam präsentieren.

Das wiederum bestärkte die Konzentration der Partei auf dieses eine Thema: Mangels einer ausgereifteren Programmatik wurde sogar der Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl in Hamburg 1997 vorwiegend unter der Parole "Hamburg wählt den Euro ab" bestritten. Doch Erfolg wollte sich nicht einstellen - die Mobilisierung von Ängsten durch ein eher abstraktes Thema wie Währungspolitik zog nicht.

Alle Versuche, andere Themen stärker in den Vordergrund zu rücken, brachte den BFB unweigerlich in die Nähe der wenig geliebten Schmuddelkinder von ganz Rechtsaußen. Wenn der BFB-Funktionär und frühere CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Hofsommer tönte, für integrationsunwillige Ausländer gebe es nur einen Weg: "Gebetsteppich unter den Arm und ab", erntete er zwar johlenden Beifall auf Veranstaltungen. Doch die Aussage des Verfassungsschutzes, daß nun geprüft werden müsse, ob es sich um "Volksverhetzung" handele, folgte nur wenig später.

Auch Heiner Kappel unterliefen ähnliche taktische Fehler: Die NPD freute sich, eigenes Vokabular wiederzuentdecken, als er zur Wanderausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-44" äußerte, hier würden "unsere Väter und Großväter abgewertet" und die "Wehrmacht in Gänze diffamiert". Als Brunner mit der Bemerkung, die Deutschen hätten nach dem Zweiten Weltkrieg auch nicht auf Mallorca gewartet, bis ihr Land wieder aufgebaut sei, bosnische Flüchtlinge zur sofortigen Rückkehr aufforderte, konnten sich sogar die Republikaner als "gemäßigt" von ihm absetzen.

Zwar gelangen im vergangenen Jahr noch so manche Abwerbungen rechter FDP- und CDU-Funktionäre - vor allem vom Christlich-Konservativen Deutschland Forum der Union kam Zulauf -, doch konnte der insgesamt eher mäßige Zuwachs nicht verdecken, daß der vom BFB angestrebte politische Raum schon längst besetzt war. Von der Deutschen Sozialen Union (DSU) über die Deutschland-Bewegung eines Alfred Mechtersheimer bis zu den Republikanern versuchten es alle mit der gleichen Mischung aus Neoliberalismus, Nationalismus, Rassismus und dem Ruf nach einem starken Staat. Doch während sich die Republikaner bei der Bundestagswahl mit dieser Ausrichtung einigermaßen behaupten konnten, blieb der Neuling BFB weit hinter den eigenen Erwartungen zurück. Brunners strategische Option, CDU und FDP von rechts unter Druck zu setzen und sich ihnen zugleich als Partner unentbehrlich zu machen, hatte sich damit zerschlagen.

Brunner selbst scheint dies erkannt zu haben - sein Rückzug aus der Partei zeugt davon. Sein politischer Freund, der ehemalige Generalbundesanwalt Alexander von Stahl, hatte die Situation bereits im Januar 1998 ähnlich analysiert und erklärt, eine "weitere Splitterpartei" habe keine Chance. Inzwischen hat es wieder ein erstes offizielles Gespräch zwischen dem FDP-Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt und Brunner gegeben. Ein Antrag des ehemaligen BFB-Chefs auf Wiederaufnahme liege jedoch noch nicht vor, behauptet die FDP-Zentrale.

Dabei zeigt sich die FDP - zumindest in Sachsen - zur Zeit von ihrer einladenden Seite. Der sächsische Landesverband überlegt, ob bei den nächsten Landtagswahlen gemeinsam mit der DSU und dem BFB kandidiert werden soll. Ein hoher FDP-Landesfunktionär räumte jüngst ein, daß es allein sehr schwer würde, man es im Bündnis aber schaffen könne. Die DSU verfügt in Sachsen über den letzten einigermaßen funktionsfähigen Landesverband, und der regionale BFB möchte gern aus der ungeliebten Schmuddelecke herauskommen.

Nur offenbaren sich auch hier wieder Differenzen innerhalb der Partei: Der Landesvorsitzende Dieter Tanneberger scheint eine andere Bündnisoption anzustreben und forderte zuletzt die Gründung einer "Patriotischen Liga", der sich alle Rechtsparteien bis hin zur NPD anschließen sollten. Dies dürfte ebenso Träumerei bleiben wie der Glaube an eine politische Zukunft für den BFB. Denn zu den politischen kommen jetzt auch noch finanzielle Schwierigkeiten. Der Hauptsponsor, ein Handwerksmeister aus Kassel, soll angeblich sein Geld zurückfordern. Dies würde das Ende der "Partei der Besserverdienenden" noch beschleunigen.