Hansons und die Aborigines

Australiens rechtsextreme One Nation Party marschiert ihrem Ende entgegen. Der Rassismus bleibt

Politischer Ruhm hat manchmal nur eine kurze Halbwertzeit. Insbesondere, wenn der Erfolg mehr oder weniger auf populistischen Parolen gebaut ist. Diese Erfahrung mußten zuletzt in Australien die rechtsextreme One Nation Party und ihre Vorsitzende Pauline Hanson machen. Nach erstaunlichen Erfolgen im ländlichen Queensland und immerhin fast einer Million Stimmen bei den Parlamentswahlen im vergangenen Oktober, stehen die Neurechten vor dem Aus. Aus den Wahlen in New South Wales vom letzten Samstag gingen sie als eindeutige Verlierer hervor.

Der schnelle Aufstieg von Pauline Hanson's One Nation Ltd., so der offizielle Name der Partei, liest sich wie ein Erfolgsrezept aus Forbes: Zur rechten Zeit am rechten Ort die rechte Idee haben, dazu eine gehörige Portion Dreistigkeit und eine Werbemaschinerie, die durch ständige Tabubrüche in die öffentlichen Debatte eingreift. Im Frühjahr 1996 wurde die ehemalige Fish-and-Chips-Verkäuferin Hanson zum ersten Mal bei Nachwahlen im erzkonservativen Hinterland von Queensland für ein politisches Mandat nominiert.

Daß sie noch während des Wahlkampfes von ihrer damaligen Partei, der regierenden Liberal Party, wegen ihrer rassistischen Kampagne ausgeschlossen wurde, war Hanson egal. Und noch weniger waren die Wähler beeindruckt, die sie mit überwältigender Mehrheit als Unabhängige ins Parlament nach Canberra schickten. "Die Überfremdung durch asiatische Einwanderer ist die größte Gefahr für unser Land", gab die Neu-Politikerin bei ihrer Antrittsrede die Richtung an - und traf damit den Nerv vieler Australier, die sich als Benachteiligte wähnen.

Australien schien reif für solch einfache Parolen: Seit Jahren stagniert die wirtschaftliche Entwicklung; das politische System, das über lange Zeit faktisch nur aus zwei Parteien bestand, ist starr. Dies erkannte auch Pauline Hanson, die seit der Gründung ihrer One Nation Party im April 1997 alles daran setzte, sich als Stimme der "schweigenden Mehrheit" zu inszenieren. Ihre große Stunde kam im Juni letzten Jahres, als die Partei 23 Prozent der Stimmen bei den Parlamentswahlen in Hansons Herkunftsstaat Queensland errang und elf Parlamentarier ins Abgeordnetenhaus schicken durfte.

Neun Monate später steht die "Mutter der Nation" (Hanson über Hanson) vor einem Scherbenhaufen. Ihre Partei zerfleischt sich in internen Kämpfen, Berichte über veruntreute Spendengelder beherrschen seit Monaten die Schlagzeilen der australischen Presse und sogar die Fraktion in Queensland ist zerbrochen. Dem Austritt von drei Abgeordneten Anfang Februar (Jungle World, Nr. 7/98) folgte wenige Wochen später der Parteiausschluß von zwei weiteren Parlamentariern. Sie alle hatten "demokratische Reformen innerhalb der Partei" angemahnt und das Führungstrio, Pauline Hanson, David Oldfield und David Ettridge, zum Rücktritt aufgefordert. Oldfields Kommentar zur Kritik an seiner Person: "Ich glaube, die Idioten da oben sind alle auf Drogen."

Erste Risse im rechten Glück hatten sich jedoch schon einige Wochen nach dem Wahltriumph von Queensland gezeigt. Nach internen Querelen schied der erste Abgeordnete "aus gesundheitlichen Gründen" aus. Richtig bergab ging es dann seit den Parlamentswahlen vom vergangenen Oktober, in die One Nation große Hoffnungen gesetzt hatte. Das komplizierte australische Wahlverfahren, das keine Listenplätze vorsieht, bescherte der Partei trotz einer knappen Million Stimmen (immerhin 8,4 Prozent aller Wahlberechtigten) keinen einzigen Sitz im Parlament. Selbst Hanson verlor ihren Wahlkreis an einen unbekannten Labor-Kandidaten.

Nach dem Scheitern auf Bundesebene geriet die autoritäre Troika, die bis dahin die Partei fast allein regiert hatte, unter Druck. Mangelnde Mitbestimmung und eiserne Hierarchie wurden für die Niederlage verantwortlich gemacht, das Parteivolk revoltierte: 120 der 302 Kreisverbände unterschrieben ein Mißtrauensvotum gegen die Parteiführung. Als dann auch noch im November Heather Hill, die einzige One Nation-Vertreterin im Senat, vom Obersten Gerichtshof wegen Verheimlichung ihrer britischen Staatsangehörigkeit zum Rücktritt gezwungen wurde, stand die Partei unmittelbar vor der Spaltung. Der für Dezember vorgesehene Parteitag wurde auf Ende Februar verschoben; eine eiligst gestartete Kampagne für die Wiedereinführung der Todesstrafe sollte die Gemüter beruhigen.

Eine Woche später jedoch trat auch noch der beliebte Parteivorsitzende von Queensland, Tom King, mit der Erklärung, daß "One Nation nichts, aber auch gar nichts mehr mit Demokratie zu tun hat", zurück. Anfang des Jahres mußte Pauline Hansons Sohn wegen Drogenbesitzes und Nichtwählens - in Australien herrscht Wahlpflicht - ins Gefängnis und das saubere Image der Partei war endgültig ruiniert. Die Abgeordneten aus Queensland zogen die Konsequenzen und forderten die Führungs-Clique ultimativ zum Rücktritt auf.

Der Parteitag beschloß dann auch nur die Einsetzung einer zehnköpfigen Kontrollkommission, die alle sechs Monate einen Lagebericht erstellen soll, der unverbindliche Empfehlungen enthalten kann - ob sich jedoch dafür in einem halben Jahr noch jemand interessiert, ist zweifelhaft. Selbst wenn One Nation zur Zeit mit aller Macht dem eigenen Untergang entgegen drängt und vielleicht auch in der Versenkung verschwindet, hat die rassistische Politik Erfolg gehabt. Seit der offiziellen Gleichberechtigung der Aborigines im Jahr 1967 war Rassismus ein Tabu-Thema in der australischen Gesellschaft. Die Greueltaten der weißen Siedler wurden zähneknirschend eingestanden, zum Teil versuchte man, die strukturelle Benachteiligung der Aborigines zu beseitigen.

Seit Hanson und Co. ist es jedoch wieder legitim, das Banner der weißen Vorherrschaft hochzuhalten. Premierminister John Howard weigert sich seit Jahren an den Feierlichkeiten zum "Sorry Day", einem rein symbolischen Akt der Versöhnung mit den Aborigines, teilzunehmen. Sein Parteifreund und ehemaliger Vorsitzender der Liberal Party, John Elliot, ging noch weiter und bezeichnete die australische Bevölkerung in einer Rede im Februar als "einen Haufen von Dummköpfen, die sich von ein paar Schwarzen auf der Nase herumtanzen lassen".

Hand in Hand mit dem Einzug des Rassismus in die Politik geht auch der Rassismus auf der Straße. Wo vor Jahren höchstens in der Kneipe beim Bier gegen Ausländer gehetzt wurde, sind heute Demonstrationen von Vereinigungen wie der rechtsradikalen National Action keine Seltenheit mehr. Neben den Aborigines sind es vor allem die Migranten aus Südostasien, die vermehrt nicht nur verbal angegriffen werden.

Nach der ersten Verschärfung der Einwanderungsgesetze Anfang der neunziger Jahre, sind nun, nicht zuletzt dank One Nation, besondere Zuzugsbestimmungen für Migranten aus Asien im Gespräch. Das japanische Massenblatt Mainichi Shimbun sprach kürzlich vom Ende der multikulturellen Gesellschaft in Australien und mahnte seine Leser, daß Touristen dort "auch an die eine Million weißen Herrenmenschen denken sollen, die One Nation gewählt haben".

Zumindest im Fall John Elliot wurde eine, wenn auch ungewöhnliche, Antwort auf dessen rassistische Äußerungen gefunden - Mitglieder des Aborigine-Clans der Ulupna belegten ihn mit einem traditionellen Fluch: "Er und seinesgleichen mögen verrotten und verfaulen!"