Stimme des Volkes und der Konzerne

Noch ein paar Jahre hinhalten, dann sind sie alle gestorben. Jacek Turczynski, Vorsitzender der Stiftung Deutsch-polnische Aussöhnung, die 400 000 ehemalige polnische Zwangsarbeiter vertritt, zeigte sich letzte Woche nach einem Gespräch mit dem deutschen Kanzleramtsminister Bodo Hombach über Entschädigungszahlungen reichlich enttäuscht. Hombach habe betont, daß die Bundesregierung und die deutschen Konzerne nur zu zahlen bereit seien, wenn auf in den USA geplante Sammelklagen verzichtet werde. Auch habe Hombach zur Höhe der Entschädigungen keine Angaben gemacht. Turcynski hingegen nannte 10 000 Mark als Untergrenze. Diese Summe orientiere sich an dem, was Volkswagen und Siemens ehemaligen Zwangsarbeitern angeblich zu zahlen bereit seien. Turczynski berichtete auch, daß die deutsche Seite nun erstmals von "Entschädigung" gesprochen habe. Dies sei wichtig, da der Begriff "Entschädigung" zum Ausdruck bringe, daß es sich bei den Zahlungen nicht um eine humanitäre Geste handele, sondern um Entgelt für geleistete Arbeit. Verschiedene Nachrichtenagenturen sehen dies jedoch anders: Hombach habe an der bisherigen Sprachregelung festgehalten und den Begriff "humanitäre Hilfe" verwendet.

Dem polnischen Verband ehemaliger KZ-Häftlinge will sich indes nicht länger hinhalten lassen: Die 22 000 Mitglieder zählende Organisation hat deshalb beim Landgericht Bonn Klage gegen die Bundesregierung eingereicht. Sie fordert Entschädigungszahlungen in Höhe von rund zwei Milliarden Mark.