So einfach schafft man eine bedrohte Minderheit. Tadeusz Gawin, Vorsitzender des Bundes der Polen in Weißrußland, organisierte vergangene Woche in der Stadt Grodno eine Demonstration, die sich gegen die Behinderung des polnischen Schulwesens richtete. Die weißrussische Polizei beschlagnahmte - so ein Bericht der SZ - die Transparente und löste die Demo auf. Gawin soll jetzt wegen "illegaler Zusammenrottung" und Beamtenbeleidigung der Prozeß gemacht werden; die Behörden drohen mit einer Auflösung des Verbandes.
Die polnische Minderheit in Weißrußland umfaßt ca. 150 000 bis 200 000 Personen. Noch Anfang der neunziger Jahre vereinbarten die Regierungen in Warschau und Minsk, den Schulunterricht der jeweiligen Minderheiten zu fördern. Doch seit der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko an die Regierung kam, sinkt die Zahl der Polnisch-Klassen. Mit der Festnahme Gawins nehmen die Spannungen zwischen Polen und Weißrußland weiter zu; Lukaschenko hatte die polnische Regierung wiederholt vor Konsequenzen wegen des Nato-Beitritts gewarnt. Der Präsident stört sich auch daran, daß sich die Vertreter der polnischen Minderheit gegen einen Zusammenschluß Weißrußlands mit Rußland ausgesprochen haben.
