Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Detlev von Larcher ist SPD-Bundestagsabgeordneter

In Weyhe bei Bremen, dort war ich schon damals zu Hause. Ich war zu diesem Zeitpunkt wissenschaftlicher Angestellter an der Bremer Uni und schon seit fünf Jahren innerhalb der SPD politisch aktiv.

So ein richtiger Fußballfan war ich aber nur als kleiner Junge in meiner Heimatstadt Hermannstadt (Sibiu) in Rumänien. Da kletterten mein Bruder und ich jeden Sonntagnachmittag auf den Zaun des Fußballstadions. Am spannendsten war immer das Lokalderby zwischen Scheumi CFR und Arsenal. Die Anfeuerungsrufe habe ich noch im Ohr: "Heida Scheumi Tsche Fe Ré, bagaÿ golu repedé!", zu deutsch: "Auf, Scheumi, schieß rasch ein Tor!" Oder die Sprechchöre der Fans der anderen Mannschaft: "Heida Arsenalu!"

Aber der Name Sparwasser sagt mir natürlich auch noch etwas. Schließlich handelte es sich bei dem WM-Spiel zwischen der DDR und der Bundesrepublik um ein wirklich "weltbewegendes Ereignis". Das Tor von Jürgen Sparwasser fiel nun ausgerechnet in einer Zeit, als die DDR auf allen Gebieten für schwächer als die Bundesrepublik gehalten wurde. Die DDR ihrerseits wollte ausdrücklich die ökonomische Situation der BRD nicht nur ein-, sondern überholen, das Sparwasser-Tor war da natürlich ein immenser Prestige-Gewinn. Ob es tatsächlich politisch was gebracht hat, bezweifele ich, aber es war wohl ein Grund, stolz zu sein.

Ich hatte ein paar Jahre zuvor in Göttingen studiert, Soziologie bei Graf Solms. Der entwickelte oft Theorien über Fußballspiele und die Stellungen der Spieler in Mannschaften. Mittlerweile gibt es zum Themenkomplex Fußball ganze Bücher, darüber, wie er wirkt, warum er wirkt. Er ist sicher eine spannende Ablenkung, da ist man sich wohl einig, aber es gibt z.B. verschiedene Meinungen über den Komplex "Fußball und Aggressionen". Manche Forscher glauben, er diene dem Aggressionsabbau, andere denken, er führe zu einem Aggressionsstau und verweisen in diesem Zusammenhang auf die Hooligans.

Wahrscheinlich ist es so, daß er auf die Menschen einfach völlig unterschiedlich wirkt. Obwohl ich zunehmend die Beobachtung mache, daß viele Fans nur zu Spielen fahren, um sich richtig zu besaufen.