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Sie gehörte zu den ersten Dingen, die wir für unser kleines für unser kleines Zeitungsprojekt gekauft haben. Es muß ein Dienstagmorgen im Juli 1997 gewesen sein, an dem unser Blick im Hertie an der Karl-Marx-Straße auf die niedliche, kleine, dunkelblaue Krups ProAroma fiel.

Seither kümmerte sie sich mit rührender Sorgfalt um eine der wichtigsten Funktionen in einer Zeitungsredaktion: Kaffeekochen. Unzählige Tassen guten, schlechten und ziemlich schlechten Kaffees hat sie in dieser Zeit ausgespuckt und dabei einen recht eigenwilligen Charakter entwickelt. Viele unserer Praktikantinnen und Praktikanten bezeichneten sie daher als "zickig" oder "extrem zickig" und trauten sich fortan nicht mehr in ihre Nähe.

Im Laufe der Jahre, das ist klar, wurde sie älter und schwächer. Sie entwickelte eine Art Inkontinenz, so daß wir sie immer auf ein paar alte Ausgaben Jungle World betten mußten, um größere Schweinereien zu vermeiden. Der Kalk fing an, sich an ihren Innereien zu schaffen zu machen. Langsam nur noch schnaufte sie in den letzten Wochen vor sich hin. Langsam, aber zuverlässig. Bis heute. Ohne einen einzigen Laut des Klagens von sich zu geben, hauchte sie plötzlich und für alle unerwartet ihr kleines rotes Lebenslicht aus.

Der letzte Schluck Kaffee, den sie noch in sich barg, wurde kalt und kälter, bis die verschreckten Zeitungsmitarbeiter die Fehlfunktion entdeckten. Schweigen. Trauer. Wut.

Seither ist das Leben in der Jungle World nicht mehr dasselbe. Versuche, die alte Kaffeemaschine ohne Strom zu bedienen, stellten sich als extrem zeitaufwendig heraus. Und der Pressofilter unserer Büro-Nachbarn ist zwar hübsch anzusehen, kann jedoch nicht die für eine Zeitungsproduktion erforderlichen Kaffeemengen herstellen.

Es bleibt also nichts, am Dienstag müssen wir wieder zu Hertie.