Deutsche Waldgemeinschaft

Das Erfurter Label Darker Than Black präsentiert Black Metal als Brown Metal

"Welcome to the New Reich" tönt es den Besuchern der Homepage des in Erfurt ansässigen Labels und Mailorderdienstes Darker Than Black entgegen. Beworben wird so die Kölner Black Metal-Band Mjölnir. Die Musik dieser "deutschen Berserker" sei nichts für Schwache, dieser "Furor teutonicus" sei nur für die Stärksten. Mit einem "Kill for Wotan!!!" endet der kurze Werbetext.

Wer dies lediglich für eine der üblichen Geschmacklosigkeiten hält, wird schnell belehrt. Barad Dur, eine weitere Band des Labels, wird beworben mit der Aussage: "Diese Musik hat den Tod von sechs Millionen Menschen verursacht!" Aus den USA wird im Begleittext "AmeriKKKa" - in der Schreibweise des Ku Klux Klan. Von der neuen CD der Band Kristallnacht hoffen die Labelbetreiber, daß man sie pünktlich "am 20.04.99" veröffentlichen kann. Legion of Doom wiederum, ein weiterer Neuzugang des Labels, wird beworben mit dem Hinweis, es handele sich um "den kompromißlosesten NS-Black-Metal aus Griechenland".

Label und Vertrieb sind ein Seitenprojekt der Band Absurd, die in der Vergangenheit mehr durch die Begleitumstände ihrer Bandgeschichte von sich reden gemacht hatte als durch ihre Musik. Zum Vorbild genommen hatte man sich dabei offenbar die Kollegen der norwegischen Black-Metal-Szene, wo Mord und Totschlag zu Beginn der neunziger Jahre zum guten Ton gehörten.

Absurd mochte da nicht zurückstehen: In einem in der Szene verbreiteten Almanach stilisieren sie ihre eigene Geschichte. Im Herbst 1992 habe sich "die Absurd Horde in den berüchtigten 'Wald der Vergeltung' zurückgezogen", wo sich "unser FHQ (Führerhauptquartier, J.C.) 'Adlerskerbe', umgeben von urtümlicher Waldlandschaft (der Totenberg ist in der Nähe ...)" befunden habe. Die musikalischen Ergebnisse dieser Periode wurden, klagt Absurd, "durch die Z.O.G.-Handlanger nach unserer Inhaftierung beschlagnahmt". Z.O.G., das weiß sogar der fremdsprachenunkundige Neonazi und wohl auch der eine oder andere Black-Metal-Fan, steht für Zionist Occupied Government, ein System, in dem angeblich die Juden die Herrschaft mittels ihrer politischen Marionetten ausüben.

Die angesprochene Inhaftierung erfolgte allerdings nicht wegen der offenkundigen NS-Ideologie und dem dazugehörenden Antisemitismus, sondern wegen einem Mord. In der Selbstdarstellung heißt es dazu nüchtern und zugleich den Kultstatus festigend: "Am 29.4.93 entschlossen wir uns, dem Leben eines lebensunwerten Geschöpfes ein Ende zu setzen. So ist es geschehen und durch Verrat kam es schließlich zu unserer Verhaftung fünf Tage später (...)." Die Strafen fielen milde aus: Bereits vier Jahre nach der Tat konnte die Band, deren Kopf sich mit dem "echt nordischen" Namen Jarl Flagg Nidhögg tarnt, wieder ihr Unwesen treiben.

Band, Label und Vertrieb verstehen sich als Teil einer offen NS-orientierten, germanentümelnden Deutschen Heidnischen Front, die wiederum als Teil einer Allgermanischen Heidnischen Front firmiert. "Nibelungentreue" wird besonders geschätzt. "Zumindest wissen wir noch, was es bedeutet: 'Meine Ehre heißt Treue!'" heißt es in einem Interview. Man orientiere sich an der Archetypen-Lehre des Psychologen C.G. Jung, "um die germanische Mythologie und damit die Quintessenz des germanischen Volkstums zu deuten".

Weit entfernt sind die Label-Betreiber dabei von der Toleranz der Neuheidenszene, die diese sonst gerne für sich in Anspruch nimmt. Wird dort häufig betont, daß es so viele Formen des heidnischen Glaubens gebe wie Heiden, gilt für Absurd diese Duldsamkeit höchstens innerhalb der eigenen Szene. Befragt zu Kirchenbrandstiftung, Friedhofsverwüstung und Mord, heißt es lapidar: "Wir begrüßen jede Aktion, die sich gegen die jüdisch-christliche Fremdherrschaft auf germanischem Boden im speziellen und gegen das erbärmliche Dasein des Herdenmenschen im allgemeinen richtet."

Elitedenken wird hier auf die Spitze getrieben. Alles, was nicht zur Führungsspitze gehört, nicht den Ansprüchen von "Volkstum und Rasse" genügt, kann als "lebensunwert" deklariert werden. Daß es dabei bei Worten nicht bleiben muß, hat man mit dem Mord im Frühjahr 1993 gezeigt. "Kill for Wotan!!!", die Werbung für Mjölnir ist durchaus wörtlich gemeint. "Die Elite", erklären Absurd, "findet zwangsläufig immer zueinander, um sich über dem Fußvolk zu formieren." Und in dieser Mission sieht man sich. Die Musik ist ein Transportmittel, die Konzerte "eine perfekte Plattform".

Beschworen werden die Nationalmythen, das Nibelungenlied ebenso wie der Thüringische Kyffhäuser. Heimat unter dem Motto "Unsere Rasse ist unsere Nation!" wird dabei nicht nur verbunden mit der Agitation gegen "National-Masochisten", "um das deutsche Ahnenerbe vor Verleumdungen und Lüge zu bewahren", sondern auch mit der Forderung nach dem Schutz der "deutschen Wälder". Menschen hingegen zählen wenig im Weltbild von Absurd. Wie die meisten Heiden der extremen Rechten reklamiert die Band "ein ausgeprägtes ökologisches Bewußtsein" für sich. Schließlich stehe Wald für Volksgemeinschaft. "Und ist es nicht auch bezeichnend", fragt Absurd, "daß die NS-Elite mit ausgesprochenen Naturfreunden besetzt gewesen ist?"

Absurd und Mjölnir stehen für eine ständig wechselnde Black Metal-Szene, die besonders in Deutschland und Norwegen stark verbreitet ist. Fanzines wie Viking Force, Skaldensang oder Asgardrei sorgen für die Verbreitung der zur Musik gehörenden Ideologie. Ein Interview mit Burzum, einem norwegischen Black Metal-Musiker, der vor einigen Jahren ein anderes prominentes Szene-Mitglied ermordete, darf in den wenigsten Ausgaben fehlen.

Innerhalb Deutschlands entwickelt sich Thüringen immer stärker zu einem Zentrum dieser Subkultur, nicht zuletzt dank Darker Than Black. Doch gäbe es eine entsprechende Anfrage an das Thüringer Innenministerium, wie zuletzt zum Konzert von Death in June, wäre die Antwort voraussagbar: "Keine besonderen Erkenntnisse."