Schützenhilfe für Schütt

Damit der Shanghaier Kreis in Hamburg nicht mehr so alleine ist, versucht sich dort jetzt auch noch der Aufbruch 99 an einer rechten Sammlungsbewegung

"Der Ernst der Lage der deutschen Nation verlangt, daß zusammen gebracht wird, was zusammen gehört", erklärt Thomas Nissen. Seit Anfang dieses Jahres ruft er als Sprecher des Aufbruchs 99 - Initiative für unser Deutschland zur "Sammlung und Vereinigung der rechten Parteilosen und Parteigebundenen" auf. Als Ziel seiner Organisation mit Sitz in Hamburg gibt er an, eine "starke Nationalbewegung" aufbauen zu wollen.

Doch nicht immer klappt, was als Voraussetzung für eine rechte Sammlung nötig ist: zum Beispiel einen Versammlungsraum zu bekommen. Für den 15. Mai hatte Nissen, der früher im Bundesvorstand der Republikaner saß, "herzlich" zu einer geschlossenen Veranstaltung mit Rolf Schlierer in der Hansestadt geladen. Der Bundesvorsitzende der Republikaner sollte in der Hamburger Handwerkskammer als Gastredner auftreten.

Nachdem die Kammer aber erfuhr, wer in ihren Räumen am Holstenwall tagen wollte, wurde kurzfristig der Mietvertrag gekündigt. "Mit solchen Gruppen möchten wir nichts zu tun haben", versicherte Horst Storjohann, der Pressesprecher der Handwerkskammer. "Der Saal ist von einer Privatperson angemietet worden", versuchte er, sich zu entschuldigen, und "leider wurde es versäumt nachzufragen, wofür die Räumlichkeiten genutzt werden sollten".

Bei ihrer letzten Veranstaltung mußte die "geschlossene Gesellschaft" jedoch nicht vor der Tür bleiben. Bereits im Februar sprach Horst Mahler, eingeladen vom Aufbruch 99, vor rund 140 geladenen Gästen aus Hamburg und Schleswig-Holstein. Mit seiner "Analyse der deutschen Situation" wußte der ehemalige Anwalt, SDSler und RAF-Mitgründer, wie die neurechte Publikation DESG-Inform berichtete, sein Publikum zu begeistern. Und das, obwohl er nichts Neues verkündete: "Die Neue Rechte muß tolerant und intelligent deutsche Interessen artikulieren", und: "Die Gräben zwischen Links und Rechts müssen überwunden werden".

Das scheint auch den Veranstaltern gefallen zu haben: "Wir wollen eng mit Horst Mahlers Bürgerbewegung für unser Land und Alfred Mechtersheimers Deutschland-Bewegung zusammenarbeiten", betont Thomas Nissen und betätigt sich gleichzeitig als Papagei: "Die parteiübergreifende Bewegung" müsse "in alle Schichten vordringen". "Egoismen und Kleinkriege" untereinander seien einzustellen, sowohl "außerparlamentarisch als auch in den Parlamenten" wolle man tätig werden. Nur mit "Qualität, Logistik und Struktur" sei "unser Deutschland" noch zu retten.

Auch das Programm der Organisation - Titel: "Zehn Punkte für Deutschland" - versammelt alle Phrasen der deutschen Rechten aus den vergangenen Jahren. Um den "Schutz des Volkes und der Heimat" vor "Scheinasylanten" und "Sozialschmarotzern" geht es da, Schluß muß sein mit dem Ausverkauf "unserer Sprache und Kultur", der "massenhaften Vernichtung deutscher Arbeitsplätze", der "Mißwirtschaft" und "Selbstbedienung der Parteien am Staat". Doch es wird nicht nur gemäkelt: Gut weg kommen die Begriffe "Recht und Ordnung" so-wie "Volk, Vaterland und Heimat".

Daß man mit einem solchen Programm nicht so recht die erwünschte Verbindung zu Teilen der Linken erreicht, wissen die Leute vom Aufbruch 99 sehr wohl. Zum Glück gibt es da noch andere Themen: "Angst um unsere Soldaten oder vor einem Zorn des Volkes und dem politischen Bankrott?" war eine Flugschrift des Aufbruchs gegen den "Nato-Angriffskrieg", die am 25. Mai auf einer Anti-Kriegsdemonstration in Hamburg verteilt wurde, überschrieben. Als Neuauflage der Versuche aus den siebziger und achtziger Jahren, nationalistische Positionen in der Friedensbewegung aufzugreifen, formulierte der Aufbruch: "Keine US-Atomwaffen und Raketen auf deutschem Boden" und "keine fremden Truppen".

Auch wurde der "sofortige Stopp der Teilnahme am Nato-Angriffskrieg", oder - einfacher formuliert - der Schutz "unserer deutschen Söhne vor den Angriffsbefehlen der Nato" gefordert. Als Verteiler der Flugschriften betätigten sich auch Mitglieder des ebenfalls Mahler-nahen Shanghaier Kreises aus Hamburg. Als deren Chef, Dieter Schütt, jedoch von Antifaschisten auf der Demonstration erkannt wurde, mußten sowohl die Shanghaier als auch die Aufbruch 99-Leute die Demo verlassen.

Der Shanghaier Kreis besteht seit 1995 und präsentiert sich als national-maoistische Gruppe. Der Name wurde gewählt, um an den antiimperialistischen Volkskampf anzuknüpfen und daran zu erinnern, daß von "Shanghai aus Mao Tse-Tung China eroberte." Mit den Vorstellungen des Aufbruch 99 scheint sich das Ziel der Maoisten, eine "sozialistisch-patriotische Bewegung" (Jungle World, Nr. 12 und 13/99) anzustoßen, gut zu ergänzen.

Über die Beziehungen zum Shanghaier Kreis schweigt sich Thomas Nissen allerdings aus. Vielleicht, weil er weiß, daß Schütts Wandlungen innerhalb der extremen Rechten nicht von allen geteilt werden. Nicht nur die Junge Freiheit erklärt, daß Schütt wirr und unerträglich sei. Ging es in Schütts Hauspostille Der Funke in den siebziger Jahren noch um bewaffneten Kampf und politische Zensur, sind die aktuellen Ausgaben neben allerlei Esoterik auf die "Linke und die Nation", oder allgemeiner, auf den "deutschen Nationalcharakter" fixiert.

Zwar betont Nissen, daß der Aufbruch 99 eine Hamburger Initiative sei, aber das müsse nicht so bleiben: "Wir sind an bundesweiten Kontakten sehr interessiert, auch an Personen, die in anderen Regionalbereichen die Sache Deutschlands intelligent vertreten wollen." Er verspricht, daß der Aufbruch 99 "dem Wohle des Deutschen Volkes diene, Schaden von ihm wenden" und "seinen Nutzen mehren" wolle. Schließlich sei "die Zeit reif". Da das allerdings noch nicht alle so sehen, muß Nissen erst einmal klein anfangen: Eine Veranstaltung mit Alfred Mechtersheimer und ein "Hamburger Kongreß" werden zur Zeit vorbereitet.