Deadline in Nordirland

Dem britischen Premier Tony Blair läuft die Zeit davon. Denn sollte nicht in letzter Minute ein kleines diplomatisches Wunder geschehen, könnte der Friedensprozeß in Nordirland, der am 1. Juli zur Regierungsbildung in Belfast führen sollten, schon wieder zu Ende sein, bevor er überhaupt begonnen hat. Blair hat jetzt zusammen mit dem irischen Ministerpräsidenten Bertie Ahern einen letzten Kompromißvorschlag präsentiert: Statt auf der Entwaffnung der IRA als Voraussetzung der Koalitionsverhandlungen zu pochen, sollen sich die Unionisten mit einer verbindlichen Zusage der republikanisch-nationalistischen Sinn Féin begnügen. Die IRA sollen bis zum Mai nächsten Jahres Zeit bekommen, um ihre Waffen abzugeben; bei einem Bruch der Vereinbarung müßte Sinn Féin das gemeinsame Parlament wieder verlassen.

Sowohl die Republikaner als auch der Protestanten-Chef David Trimble äußerten sich ablehnend gegenüber dem Vorschlag.

Anfang Juli beginnen die traditionellen Sommer-Umzüge der protestantischen Orden, bei denen mit militanten Ausschreitungen zu rechnen ist. Aber auch im militanten republikanischen Lager brodelt es. Wie die Times vergangenen Samstag berichtete, planen einige abtrünnige IRA-Gruppen bereits wieder gewaltsame Aktionen in Nordirland. So wolle sich die "Wahre IRA" mit der "Kontinuitäts-IRA", die dem Waffenstillstand nie zugestimmt hat, zusammenschließen.