Sieg der US-Waffenlobby

Planet der Waffen

Charlton Heston steht wieder mal im Scheinwerferlicht: Keine neue Rolle - Bibelfilme sind gerade nicht so angesagt -, aber den Visionär darf er trotzdem geben. Als Präsident der National Rifle Association (NRA), dem maßgeblichen Knarrenliebhaberverein der USA, spielt er den Verteidiger Amerikas und vor allem des Rechtes, Waffen zu tragen. An der Spitze von gut 2,8 Millionen Mitgliedern darf er gegen alle hetzen, die meinen, die unkontrollierte Zirkulation von Schußwaffen sei kein Menschenrecht.

Seinen jüngsten Erfolg feierte er am 19. Juni. Da verzerrte das von den Republikanern dominierte Repräsentantenhaus eine Verschärfung des Schußwaffengesetzes - die zuvor schon den Senat passiert hatte - zuerst durch Änderungsanträge bis zur Sinnlosigkeit und lehnte es schließlich ganz ab. Die ursprüngliche Vorlage hatte zum Ziel, das wichtigste Schlupfloch für illegalen Waffenerwerb, die gun shows, weiter zu verstopfen. So war geplant, nun auch Privatleute, die die Mehrheit der Verkäufer auf jeder gun show stellen, zur Meldung ihrer Kunden zwecks polizeilicher Überprüfung des Vorstrafenregisters zu zwingen.

Unterminiert wurde das von Präsident William Clinton stark unterstützte Vorhaben ironischerweise von einem führenden Demokraten, dem Abgeordneten John D. Dingell. Dessen mit knapper Mehrheit angenommener Änderungsantrag gibt Verkäufern nur 24 statt wie bisher 72 Stunden für die Überprüfung des Käufers. Viel zu wenig Zeit, wie die Befürworter der Schußwaffenkontrolle sagen. Konservative Demokraten und der überwiegende Teil der Republikaner unterstützten den Antrag. Der stammt nach Informationen der Washington Post direkt von der NRA.

Zudem änderte der Antrag die juristische Definition der gun shows. Seit 1994 fallen darunter alle Veranstaltungen, bei denen mindestens 50 Waffen den Besitzer wechseln. Das Dingell amendment nun definiert gun show als Veranstaltung, an der mindestens zehn lizensierte Händler teilnehmen, unabhängig von der Zahl der zum Verkauf stehenden Waffen. Die Annahme dieses Änderungsantrages führte zu dem absurden Ergebnis, daß ein Schußwaffenkontrollgesetz von den Unterstützern der NRA befürwortet und von ihren Gegnern abgelehnt wurde.

Der politische Rahmen, in dem die Debatte über gun control stattfand, ist die seit zwei Jahren vor sich hin dümpelnde Diskussion über das Jugendstrafrecht und die "Gewaltkriminalität". Seit dem Schulmassaker von Littleton am 20. April ließ sich mit dem Thema wieder punkten. Und man kam nicht mehr umhin, darüber zu reden, woher die beiden Täter ihr Waffenarsenal hatten und ob es richtig sei, daß Kinder und Jugendliche ohne große Schwierigkeiten in den Besitz von MPs kommen können.

Gun control eben. Das Second Amendment, Bestandteil der US-Verfassung, garantiert jedem Bürger das Recht, Waffen zu besitzen und zu tragen. Und so schreit die NRA jedesmal Zeter, Mordio, Tyrannei und Kommunismus, wenn eine Einschränkung dieses Rechtes diskutiert wird. Dem Umstand, daß pro Tag durchschnittlich 13 Kinder durch Schußwaffen umkommen, will die NRA mit ihrem Trainingsprogramm abhelfen, bei dem Kinder und Jugendliche den "sicheren" Umgang mit dem Schießzeug lernen können.

Nun einigte man sich im Repräsentantenhaus lediglich auf verschärfte Law-and-order-Maßnahmen gegen Jugendliche. In bestimmten Fällen können Menschen ab 14 wie Erwachsene abgeurteilt werden, die Jugendgefängnisse werden erweitert und neue Strafverfolger eingestellt. Dafür fand sich eine breite Mehrheit in beiden Parteien.