Schmidbauer in Kolumbien

Selbstlose Vermittlung

Bernd Schmidbauer kann es nicht lassen. Nachdem Werner Mauss in Kolumbien Ende 1996 unter Druck geraten und dann für einige Monate im Gefängnis gelandet war, hat sich nun der ehemalige Geheimdienst-Koordinator eingeschaltet, um zwischen der ELN-Guerilla und der kolumbianischen Regierung zu vermitteln und einige von der ELN festgehaltene Geiseln freizubekommen.

Acht Geiseln aus der Flugzeugentführung vom 12. April hat die ELN (Nationales Befreiungsheer) am 19. Juni freigelassen. Mit dabei Bernd Schmidbauer. Der ehemalige Geheimdienstkoordinator der Regierung von Helmut Kohl war auf Wunsch der ELN als internationaler Beobachter zugegen.

Doch Schmidbauer, der sich nicht in offizieller Mission der Bundesregierung in Kolumbien befand, sondern als Privatmann, ist mehr als nur internationaler Beobachter: Er will "zwischen ELN und Regierung vermitteln".

Ins Spiel gebracht wurde der CDU-Abgeordnete von ELN-Chef Nicol‡s Rodr'guez alias Gabino, für den Schmidbauer eine "Schlüsselfigur" in dem Prozeß zur Freilassung der derzeit 63 sich noch in den Händen der ELN befindlichen Geiseln ist.

Zur Schlüsselfigur ist Schmidbauer aufgestiegen, da Gabinos anderer Mann für alle Fälle, Werner Mauss, nicht zog. Mauss, der ELN-Konten im Ausland verwalten soll, hatte in den letzten Monaten immer wieder versucht, sich als Vermittler zu positionieren bzw. Dritte für seine Zwecke zu instrumentalisieren - so die SPD-Bundestagsabgeordneten Karin Kortmann und Frank Hempel, die er als internationale Garanten für die Freilassung von 33 Geiseln am 15. Juni nach Cali lotsen wollte. Die lehnten ab.

Für Kortmann verfolgt Mauss "finstere Absichten" und fördert mit seinem Treiben die "Entführungsindustrie", und für Kolumbiens Präsident Andrés Pastrana ist Mauss schlicht eine Persona non grata. Ihm will man keinesfalls ein Plätzchen am Verhandlungstisch zubilligen.

Anders liegt der Fall bei Schmidbauer, den ELN-Chef Rodr'guez quasi als Ersatzmann ins Spiel brachte. Rodr'guez kennt ihn seit den von Schmidbauer und dem Agenten Werner Mauss geführten Verhandlungen über die Freilassung einiger Ingenieure der Mannesmann AG im Jahre 1995 und scheint ihm zu vertrauen. Bereits vor gut zwei Wochen war er mit von der Partie, als Nicol‡s Rodr'guez persönlich im Vatikan um Vergebung für die Entführung von 143 Gläubigen während eines Gottesdienstes in Cali am 31. Mai bat.

Bis dato hat Schmidbauer auch mehr Glück als der zwielichtige Mauss, den kolumbianische Behörden verdächtigten, an den Lösegeldzahlungen für die ELN zu partizipieren. [Mauss ist von der Generalstaatsanwaltschaft in Antioquia/Kolumbien freigesprochen worden; aktualisiert am 07.06.2002.] Er wurde vor zehn Tagen von Pastrana empfangen, der sich für den selbstlosen Vermittler vier Stunden Zeit nahm. Beide seien sich, so Schmidbauer in einem Interview mit der kolumbianischen Tageszeitung El Espectador, in der Forderung nach einer bedingungslosen Freilassung der 63 noch in den Händen der ELN befindlichen Geiseln einig.

Ob der Versuch der ELN, über Schmidbauer bzw. Mauss die deutsche Regierung als Schlichterin in Kolumbien ins Spiel zu bringen, klappen wird, ist allerdings zu bezweifeln. Die würde sich, soviel ist klar, nur auf Bitten der kolumbianischen Seite als Vermittler engagieren, denn man hat wenig Lust, sich erneut die Finger am Gespann Mauss / Schmidbauer zu verbrennen.

In Kolumbien gibt es starke Vorbehalte gegen den ehemaligen Kohl-Vertrauten. So bezeichnete der Parteichef der regierenden konservativen Partei, Enrique Gomez, ihn als "düstere Gestalt". Horacio Serpa, Chef der oppositionellen liberalen Partei, hingegen begrüßte die Bemühungen Schmidbauers. Daß sich Präsident Pastrana allerdings derart viel Zeit für den Privatmann Schmidbauer nahm, mußte dann doch überraschen. Um so mehr, als Pastrana seine Energie weit mehr auf die Verhandlungen mit der Farc, der größeren Guerilla-Organisation, konzentriert. Die sollen am 7. Juli offiziell beginnen.

Für die ELN hatte Pastrana zwei Tage nach dem Gespräch mit Schmidbauer wenig positive Nachrichten: Er beschuldigte die Guerilla-Organisation, den Dialog mit der Regierung unterbrochen zu haben, auf Alternativvorschläge zur Entmilitarisierung einer Verhandlungszone nicht eingegangen zu sein, und schloß verärgert: "Es ist klar, daß wir es vorziehen, einen Frieden in Frieden zu machen, statt den Frieden durch den Krieg." Eine kaum verhüllte Drohung, auf die militärischen Option zu setzen - was zumindest vom Militär, das derzeit unter US-Anleitung modernisiert wird, ohnehin vorgezogen wird.